Der akribisch durchgeplante Berufsalltag eines erfolgreichen Auftragskillers, gespielt von Michael Fassbinder, gerät nach einem überraschenden Fehler aus den Fugen, im Netflix-Thriller The Killer von Regisseur David Fincher (u.a. Sieben, Fight Club).
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Der Killer (The Killer)
Thriller USA 2023. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 119 Minuten. Starttermin: 10. November 2023.
Mit: Michael Fassbender, Tilda Swinton, Charles Parnell, Arliss Howard, Kerry O’Malley, Sala Baker, Sophie Charlotte u.a. Nach dem Comic von Alex „Matz“ Nolent und Lucas Jacamon. Drehbuch: Andrew Kevin Walker. Regie: David Fincher.
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Miss and Hit
Paris. Ein namenloser Auftragskiller (Michael Fassbender) wartet in den leerstehenden Büroräumen im Dachgeschoss eines Gebäudes lange Zeit auf seine Zielperson. Doch im entscheidenen Moment verfehlt der Killer sein Ziel und flieht unentdeckt vor der Polizei. Nachdem Beseitigung seiner Spuren kehrt der Killer in die Dominikanische Republik zurück, wo er ein Haus besitzt. Vor Ort muss er allerdings feststellen, dass seine Freundin Magdala (Sophie Charlotte) von zwei Unbekannten schwer verletzt wurde. Der Killer sucht seinen Kontaktmann Hodges (Charles Parnell) auf und verfolgt die Spur der beiden Täter von New Orleans über Florida bis nach Chicago, wo der Hintermann des Pariser Auftrages lebt. Leichen pflastern des Weg des Killers…
David Fincher (geboren 1962) hat eine beeindruckende Karriere als Regisseur aufzuweisen. Seine Karriere begann der US-Amerikaner als Mitarbeiter der Special-Effects-Abteilung bei Star Wars – Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983), Die unendliche Geschichte (1984) und Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989) während er ab 1988 auch unzählige Musikvideos (u.a. für Madonna, Michael Jackson und die Rolling Stones) inszenierte. Auf sein Regiedebüt Alien 3 (1992) folgten unter anderem die gefeierten Thriller Sieben (1995) und Fight Club (1999). Auch nach der Jahrtausendwende blieb Fincher erfolgreich, etwa mit dem Krimi-Drama Zodiac – Die Spur des Killers (2007), der Literaturverfilmung Der seltsame Fall des Benjamin Button (2008) über einen rückwärts alternden Mann und The Social Network (2010), einem Drama über die Entstehung von Facebook. Für Netflix fungierte Fincher als ausführender Produzent und Regisseur mehrerer Episoden der Krimiserie Mindhunter (2017-2019) und inszenierte das Biopic Mank (2020), über Herman J. Mankiewicz, den Drehbuchautor von Orson Welles‘ Filmklassiker Citizen Kane (1941).
The Killler ist der 12. Spielfilm für Fincher als Regisseur. Das Drehbuch von Andrew Kevin Walker (Sieben) basiert auf Le Tueur, einer französischen Comicreihe von Autor Alex Nolent alias Matz und Zeichner Lucas Jacamon. Die ersten gut zwanzig Minuten bilden das Musterbeispiel für den ersten Akt der klassischen Kino-Dramaturgie, denn hier wird der Protagonist in seinem gewöhnlichen Umfeld gezeigt. Im konkreten Fall bedeutet es, dass die Zuschauer*innen dem titelgebenden Auftragskiller beim Warten, Auskundschaften und Vorbereiten zusehen und dabei hören, wie er seine Arbeitsweise, seine strikten Prinzipien und die eigene Sichtweise aus dem Off erläutert. Doch als der geplante Auftrag schiefgeht muss der Killer improvisieren und seine Spuren verwischen, bevor er schließlich die Verantwortlichen verfolgt, welche seiner Freundin wehgetan haben.
Ganz methodisch und mit ähnlich starker Detailversessenheit wie der Protagonist ging hier wohl auch der Regisseur zu Werke. Die Inszenierung präsentiert sich sehr präzise und das Geschehen fast durchgehend aus der Sicht des Killers. Eigentlich passiert über die Laufzeit von zwei Stunden nicht wirklich viel und andere Filmemacher*innen hätten aus dem Stoff vermutlich nur einen 90-Minüter gemacht. Für Fans rasanter Actionkracher ist The Killer daher definitiv nichts, auch weil es im Grunde nur eine einzige Kampfszene gibt, die es aber zugegebenermaßen ziemlich in sich hat. Rein inhaltlich gibt der geradlinige und über weite Strecken sehr ruhige Thriller nicht viel her. Das Szenario hat mich teilweise an Matthew Vaughns Gangsterfilm Layer Cake (2004) erinnert, in welchem sich ein von Daniel Craig gespielter Drogendealer versucht, sich aus dem Business zurückzuziehen.
Die reduzierte Natur passt allerdings perfekt zu dem stillen, zurückgenommenen Protagonisten. Auch wenn er fortan auf seinem Rachefeldzug improvisieren muss, so versucht der titelgebende Hitman immer wieder seine über die Jahre perfektionierten Regeln einzuhalten, was nicht immer gelingt. Michael Fassbender (Macbeth [2015], X-Men: Zukunft ist Vergangenheit) spielt den namenlosen Protagonisten, der sich absichtlich wie ein deutscher Tourist kleidet (weil die so unbeliebt seien) und im Verlauf der Handlung etwa ein Dutzend falscher Identitäten verwendet, mit der passenden Zurückhaltung. Die übrigen Schauspieler*innen haben wenig Screentime. Mit etwa sieben Minuten besitzt Tilda Swinton noch am meisten. Ansonsten bleibt lediglich die kurze, aber intensive Performance von Sala Baker (Sauron aus der Herr der Ringe-Trilogie und Komparse oder Stuntman in unzähligen anderen Filmen) in Erinnerung.
The Killer von David Fincher ist seit dem 10. November 2023 Teil des Angebots von Netflix.
Fazit: Stylisher und hochwertig inszenierter Thriller, inhaltlich leider etwas dünn. 7 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 16. November 2023. Bilder: Netflix.
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