Those About to Die

Intrigen, Ausschweifungen, Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe und mehr im alten Rom gibt es in neuen Hstorienserie Those About to Die von Autor Robert Rodat (Der Soldat James Ryan) sowie inszeniert von Katastrophenfilm-Guru Roland Emmerich und Marco Kreuzpaintner (Der Fall Collini).   

Those About to Die
Historienserie USA, Deutschland, Italien 2024. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 10 Folgen. Gesamtlänge: ca. 565 Minuten. Starttermin: 19. Juli 2024.
Mit: Iwan Rheon, Sarah Martins, Jojo Macari, Tom Hughes, Moe Hashim, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Rupert Penry-Jones, Gabriella Pession, Dimitri Leonidas, David Wurwara, Gonçalo Almeida, Pepe Barroso, Eneko Sagardoy, Lara Wolf, Kyshan Wilson, Alicia Edogamhe u.v.a. Inspiriert durch das Buch von Daniel P. Mannix. Idee: Robert Rodat. Regie: Roland Emmerich und Marco Kreuzpaintner.



Brot und Spiele, Aufstieg und Fall, Gewinn und Verlust

Rom, 79 nach Christus. Nach dem durch den berüchtigten Nero losgetretenen Chaos ist in Rom Jahre später wieder einigermaßen Ruhe eingekehrt. Kaiser Vespasian (Anthony Hopkins) ist mittlerweile alt geworden und will bald entscheiden, welcher von seinen beiden Söhnen, der erfolgreichen General Titus (Tom Hughes) und der dekadente Politiker Domitianus (Jojo Macari), seine Nachfolge antreten wird. Wegen ausbleibenden Getreidelieferungen aus Ägypten müssen Teile des Volkes hungern. Als Ablenkung werden nicht nur Gladiatorenkämpfe, sondern auch halsbrecherische Wagenrennen veranstaltet. Der aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Tenax (Iwan Rheon) betreibt eine der großen Wett-Tavernen, hat für den Star-Wagenlenker Scorpus (Dimitri Leonidas) und sich selbst große Pläne.

Auch der einflussreiche Senator Marsus (Rupert Penry-Jones) und seine Gattin Antonia (Gabriella Pession) streben nach mehr Macht für ihre Familie. Die drei Brüder Andria (Eneko Sagardoy), Fonsoa (Pepe Barroso) und Elia (Gonçalo Almeida) wollen mit den von ihnen gezüchteten Pferden aus Andalusien ins Wagenrennen-Geschäft einsteigen. Die numidische Händlerin Cala (Sarah Martins) versucht unterdessen, ihre nach Rom verschleppten erwachsenen Kinder zu befreien: den als Gladiator vorgesehenen Löwen-Fänger Kwame (Moe Hashim) sowie die als Sklavinnen verkauften Aura (Kyshan Wilson) und Jula (Alicia Edogamhe)…     

Anthony Hopkins als Kaiser Vespasian

Nicht nur für große Leinwand-Epen steht das Antike Rom immer wieder Pate. Auch im Fernsehen hat die Hauptstadt des einstigen Weltreiches ihre Spuren hinterlassen. Den absoluten Höhepunkt im TV-Sektor erreichten der amerikanische Pay-TV-Sender HBO und die britische Rundfunkanstalt BBC mit der gemeinsam mit großem Aufwand produzieren Serie Rom (Originaltitel Rome; 2005-2007) von Bruno Heller. Die Historiensage über das Ende der römischen Republik und den Beginn des Prinzipats im ersten Jahrhundert vor Christus glänzte vor allem mit ihrer authentischen Darstellung damaliger Lebensverhältnisse und Moralvorstellungen sowie vielschichtiger Charaktere. In eine ähnliche Kerbe möchte Those About to Die schlagen. Die amerikanisch-deutsche-italienische Co-Produktion wurde ebenso in den altehrwürdigen Cinecittà-Studios in Italiens Hauptstadt gedreht, für ein Budget von 140 Millionen US-Dollar.

Inspiriert durch das gleichnamige Sachbuch des Journalisten und Filmemachers Daniel P. Mannix (1911-1997) von 1958 entwickelte Drehbuchautor Rodbert Rodat (Der Soldat James Ryan, Der Patriot) die Show, an welcher große Namen beteiligt waren. Der für seine Katastrophen-Blockbuster bekannte deutsche Regisseur Roland Emmerich (Independence Day, 2012) und sein Landsmann Marco Kreuzpaintner (Krabat, Der Fall Collini) teilten sich die Regie der zehn Folgen untereinander auf. Außerdem konnte man für die Rolle des alten Kaisers Vespasian den britischen Oscar-Preisträger Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer, Bram Stokers Dracula) gewinnen. So richtig überzeugen kann Those About to Die aber leider nicht. Denn dafür wirkt die Serie in mehreren Punkte zu durchwachsen.

Für mich war die erste Folge recht enttäuschend, doch sollte es sich durchaus als richtig erweisen, dass ich nach dem Auftakt weitergeschaut habe. Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Figuren fällt der Einstieg in das Handlungsgeflecht nicht unbedingt leicht, aber nach ein paar Episoden findet man besser hinein. Auffallend war für mich der teils unglückliche Einsatz von Computeranimationen, bei welchen man relativ deutlich erkennt, wo die haptische Kulisse endet und der Greenscreen beginnt. Nicht jede CGI-Einstellung ist misslungen, aber einem derart hohen Budget sollte diesbezüglich mehr durchgehende Qualität geboten werden. Ansonsten können Szenenbild und Kostüme durchaus überzeugen, wenngleich Rodats Serie die dreckige Opulenz des großen HBO-Vorbilds etwas abgeht. Auch gelingt es dem Kamerateam um Vittorio Omodei Zorini und Daniel Gottschalk die Szenerie gut einzufangen, vor allem bei den ansprechend inszenierten Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen.

Der ambitionierte Tenax

Mit dieser starken Inszenierung leider gar nicht mithalten kann die Musik von Andrea Ferri und das Titelthema von Yoann Lemoine alias Woodkid. Die Kompositionen wirken austauschbar, monoton und hinsichtlich des Trommelarrangements sehr plump. Zudem scheint der Vorspann einen Abklatsch des Openings von House of the Dragon zu liefern. An fehlender Subtilität scheitert es auch, dass manche Charaktere und Handlungsstränge mich eher kalt gelassen haben, während das Schicksal anderer durchaus zu bewegen vermag. Das liegt natürlich vor allem an der durchwachsenen Qualität der Drehbücher. Vor allem im letzten Drittel bieten Rodat und seine Co-Autor*innen diverse allzu beliebige Wendungen, welche den durchaus kompromisslosen Ton der Geschichte und den interessanten Einblick in eine schillernde Epoche als Querschnitt der Bevölkerung des Römischen Reiches, die sonst eher nicht adaptiert wird, eher schmälern.         

Mit Höhen und Tiefen agiert auch die illustre Besetzung. Anthony Hopkins Screentime fällt überraschend gering aus. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass ein prominenter Schauspieler in den Trailern sehr oft gezeigt wird, nur um dann im fertigen Produkt keine größere Rolle zu spielen. Iwan Rheon (Game of Thrones) überzeugt hingegen als ambitionierter Emporkömmling Tenax, der viel wagt und moralisch sicherlich alles andere als einwandfrei handelt. Mitfühlen und mitfiebern vermag man mit Jóhannes Haukur Jóhannesson (Vikings: Valhalla) und Moe Hashim (Ted Lasso) als Gladiatoren-Kollegen Viggo und Kwame. Sarah Martins (Death Paradise) kann sich als kämpferische und patente Cala immer wieder in den Vordergrund spielen. Sympathie-Träger sind zweifellos die von Eneko Sagardy (Irati), Pepe Barroso (Gran Tourismo) und Gonçalo Almeida (Esperança) gespielten spanischen Pferdezüchter-Brüder. Als sadistisch-dekadenter Kaiser-Sohn Domitianus weiß sich Jojo Macari (Sex Education) nur durch übermäßiges Grimassieren auszuzeichnen.

Eine zweite Staffel ist aktuell noch nicht bestellt, aber wenn es dazu kommen sollte, dürfen Serienschöpfer/Hauptautor Rodat und sein Team ihren Stoff gerne noch besser auserzählen. Bisher ordnet sich Those About to Die irgendwo im soliden Mittelfeld zwischen der plump-albernen Metzel-, Rammel- und Fluch-Orgie Spartacus und eben HBOs Rom ein.

Die zehnteilige Historienserie Those About to Die ist seit dem 19. Juli 2024 Teil des Angebots von Amazon Prime Video.

Fazit: Spannende, aber sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch durchwachsene Serie aus dem antiken Rom des Jahres 79 nach Christus. 6 von 10 Punkten.


Das Publikum in guter Stimmung
General Titus und Berenike
Die Brüder Fonsoa, Elia und Andria
Cala will ihre Kinder befreien



Marius Joa, 31. Juli 2024. Bilder: Amazon/Peacock.

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