Game Of Thrones: Staffel 6

„Winter ist hier“, heißt es in der 60. Folge von Game Of Thrones. Mit ihrer sechsten Staffel erlebt die epische Fantasy-Drama-Serie weitere entscheidende Wendepunkte.

9-10Game Of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer (Game Of Thrones)
Fantasy/Drama-Serie USA 2016. 10 Folgen. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Gesamtlänge: ca. 550 Minuten.
Mit: Peter Dinklage, Nikolaj Coster-Waldau, Lena Headey, Emilia Clarke, Kit Harington, Alfie Allen, John Bradley, Dean-Charles Chapman, Gwendoline Christie, Liam Cunningham, Natalie Dormer, Nathalie Emmanuel, Jerome Flynn, Aidan Gillen, Iain Glen, Conleth Hill, Kristofer Hivju, Michiel Huisman, Michael McElhatton, Hannah Murray, Jonathan Pryce, Iwan Rheon, Sophie Turner, Carice van Houten, Indira Varma, Maisie Williams, Tom Wlaschiha, Isaac Hempstead Wright u.v.a. Nach
Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin. Adaption: David Benioff und D.B. Weiss.

 

Game Of Thrones 6_Poster

 

Viele Wiedersehen und gewaltige Fortschritte

In Castle Black findet Ser Davos Seaworth (Liam Cunningham) den Leichnam von Jon Snow (Kit Harington) im Schnee liegend vor. Der junge Lord Commander wurde von einer Gruppe von Verrätern innerhalb der Nachtwache, angeführt von Ser Aliser Thorne (Owen Teale), erstochen. Mit dem toten Jon verschanzen sich Davos und einige wenige Getreue wie Edd (Ben Crompton). Da taucht Priesterin Melisandre (Carice van Houten) in der schwarzen Festung auf. Jenseits der Mauer trainiert der gelähmte Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) mit dem Dreiäugigen Raben (Max von Sydow) in dessen Höhle seine Fähigkeiten als Seher. Durch Reisen in die Vergangenheit erfährt Bran so Einiges über die Bedrohung durch die White Walker und ihre Totenarmee sowie die Geschichte seiner Familie.

Game Of Thrones 6_Cersei und Jaime Jaime und Cersei trauern

In Winterfell haben die Boltons den Angriff von Stannis Baratheon (Stephen Dillane), der von Brienne (Gwendoline Christie) getötet wurde, und seinen Truppen, erfolgreich abgewehrt. Sansa Stark (Sophie Turner), Brans Schwester, befindet sich gemeinsam mit dem verstümmelten Theon Greyjoy (Alfie Allen) auf der Flucht vor ihrem sadistischen Ehemann Ramsay Bolton (Iwan Rheon), dessen Suchtrupp allerdings schnell aufholt. Auf den Iron Islands stirbt König Balon Greyjoy (Patrick Malahide), Vater von Asha (Gemma Whelan) und Theon, einen gewaltsamen Tod. Als Asha Anspruch auf den Thron erhebt, kehrt ihr seit Jahren verschollener Onkel Euron (Pilou Asbæk) zurück und will sich stattdessen als neuen König krönen lassen.

In der Hauptstadt King’s Landing trifft Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) mit dem Leichnam seiner „Nichte“, Prinzessin Myrcella, aus Dorne ein. Jaimes Zwillingsschwester, Königsmutter Cersei (Lena Headey), die aus der Obhut des militanten Glaubens entlassen wurde, schwört Rache. Margaery Tyrell (Natalie Dormer), die Ehefrau von König Tommen (Dean-Charles Chapman), und ihr Bruder Ser Loras (Finn Jones) befinden sich immer noch in der „Gewalt“ des High Sparrow (Jonathan Pryce). In Dorne führt Ellaria Sand einen Staatsstreich aus, sie ermordet gemeinsam mit den Sand Snakes sowohl Prinz Doran (Alexander Siddig) als auch dessen Sohn und Erben Trystane (Toby Sebastian). Unterdessen sind Samwell Tarly (John Bradley) und das Wildlingsmädchen Gilly (Hannah Murray) mit ihrem kleinen Sohn unterwegs in den Süden, zur Tarly-Familie in Horn Hill und der Zitadelle in Oldtown, wo Sam seine Ausbildung zum Maester beginnen soll.

Jenseits der Meerenge befindet sich Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) nach ihrer Flucht aus Mereen in der Gewalt eines großen Dothraki-Reiterheers, während Ser Jorah Mormont (Iain Glen) und der Söldner-Anführer Daario Naharis (Michiel Huisman) die Drachenkönigin suchen. In der ehemaligen Sklavenstadt Mereen versuchen Daenerys‘ Berater, Tyrion Lannister (Peter Dinklage) und Varys (Conleth Hill), den brüchigen Frieden mit diplomatischen Mitteln aufrecht zu erhalten. In Braavos ist Arya Stark (Maisie Williams) nach ihrem Ungehorsam gegenüber ihrem Lehrmeister (Tom Wlaschiha) von den Faceless Men erblindet und verdingt sich als Bettlerin in den Straßen…

Game Of Thrones 6_Bran und BloodravenBran trainiert mit dem Dreiäugigen Raben

Das besondere Augenmerk der Fans von George R.R. Martins eigenwilliger, epischer Fantasy-Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer lag auf der sechsten Staffel der Fernsehserien-Adaption Game Of Thrones. Denn während Buchautor Martin seit Jahren den sechsten von geplanten sieben Bänden nicht fertiggestellt hat, ist die Serie unter der Ägide der Showrunner/Drehbuchschreiber David Benioff und D.B. Weiss vor allem aufgrund notwendiger, wenn auch im Vergleich mit anderen Verfilmungen eher unspektakulären, Vereinfachungen so schnell vorangeschritten, dass in mancher Hinsicht schon in Season 5 die Vorlage eingeholt bzw. überholt wurde. Mit der sechsten von voraussichtlich acht Staffeln betritt Game Of Thrones nun fast vollkommenes Neuland, wobei das Voranschreiten der Serienhandlung nach Absprache mit Martin und seinen Plänen für die beiden noch zu veröffentlichenden Romane geschah. Dadurch werden vor allem offene, elementare Fragen der Buchreihe meist eindeutig geklärt, darunter die Frage nach Jon Snows Tod, wer seine Mutter ist usw. Wobei es natürlich vorläufig ungeklärt bleibt, inwieweit die Romane diese Antworten/Entwicklungen genauso aufgreifen. Aber der generelle Modus Operandi läuft wohl darauf hinaus, dass TV-Serie und Buchreihe auf die gleiche Weise enden werden, aber bis dahin unterschiedliche Wege beschreiten.

Schien bisher vor allem in den Romanen, aber auch in der Fernsehfassung, so mancher Handlungsstrang nur sehr schleppend vorwärts zu kommen, so erhöht Staffel 6 das Tempo gewaltig und zwar insoweit, dass einige bisher getrennte Charaktere erstmals oder wieder aufeinander treffen. Dieser „Quantum Leap“ erscheint sinnvoll, da nur noch zwei Seasons verbleiben, vermutlich nur noch insgesamt 13 Episoden. Umso erstaunlicher, wenn aus dramaturgischer Sicht logisch, dass in den zehn Folgen so viele Figuren, vor allem nicht unwichtige „Nebendarsteller“, zurückkehren und das teilweise nach sehr, sehr langer Abwesenheit. Prominentester unter ihnen ist natürlich Brandon „Bran“ Stark, der in Season fünf pausierte und in seiner Abwesenheit seine Fähigkeiten als „Greenseer“ mit Bloodraven, dem dreiäugigen Raben, trainierte, aber noch einiges zu lernen hat.

Die fünfte Staffel hatte vor allem ein großes Problem: den frappierend lieblosen Handlungsstrang um Dorne, der südöstlichsten Region von Westeros. Vor allem die als sexualisierte Kampfmiezen dargestellten „Sand Snakes“ (Bastard-Töchter des lebenslustigen Oberyn Martell) wirkten derart reißerisch konzipiert als sollten sie Exploitationfilm-Aficionados in die Arme der großen Fangemeinde treiben. Zur Beruhigung: in der 6. Season spielt das Geschehen in Dorne keine wirklich große Rolle. Der Meuchelmord an den Mitgliedern der hiesigen Herrscherfamilie, die erste von wenigen Szenen aus dieser Ecke, wirkt wie ein ironischer Kommentar der Serienautoren zur negativen Resonanz der Dornischen. Das Gesamtbild ist wieder etwas runder als zuvor, auch wenn die zeitliche Komponente sehr zum Vorteil der Dramaturgie hinkonstruiert wird. So benötigen Samwell Tarly und seine Begleiterin Gilly eine ganze Staffel um vom Norden Westeros‘ in den Süden zu gelangen, während die im Hintergrund agierenden Littlefinger und Varys beide scheinbar über Siebenmeilenstiefel verfügen, die es ihnen erlauben, größere Entfernungen innerhalb von ganz wenigen Episoden zurückzulegen.

Auch wenn die beiden letzten Episoden den inszenatorischen und produktionstechnischen Höhepunkt bilden, so dürfte das Ende der fünften Folge, „The Door“, als eine der bittersten und dramatischsten Wendungen aller Zeiten in die Fernsehgeschichte eingehen. Die Dreharbeiten zur sogenannten „Schlacht der Bastarde“ dauerten fünf Wochen und das obwohl die Szenen nur ein Drittel der gleichnamigen Folge neun ausmachen. Diese ca. 20 Minuten gehören sicherlich zum Besten und vor allem Authentischsten, was es an Schlachten bisher in Kino oder Fernsehen zu sehen gab. Im Staffelfinale wird schließlich das Figurenensemble, welches Zuwachs durch das durchaus namhafte Darsteller-Trio Max von Sydow als Bloodraven aka Dreiäugiger Rabe sowie Richard E. Grant (Bram Stoker’s Dracula) und Essie Davis (The Babadook, Miss Fisher’s mysteriöse Mordfälle) als Schauspieler einer Theatergruppe erhält, weiter dezimiert.

Um dem „Klimawechsel“ in Westeros Rechnung zu tragen wurden die Dreharbeiten zur 7. Staffel, die nur sieben Folgen beinhalten wird, etwas nach hinten verschoben. Die Aufnahmen, überwiegend in Nordirland und Spanien, begannen am 31. August 2016 und sollen bis Februar 2017 dauern. Die Premiere der vorletzten Season wird daher nicht vor Sommer 2017 erwartet. Also eine noch längere Wartezeit für alle Fans. Eigentlich das perfekte Zeitfenster für einen gewissen George R.R. Martin, einen lang ersehnten Roman namens The Winds Of Winter endlich zu veröffentlichen.

Am 17. November 2016 ist die 6. Staffel von Game Of Thrones auf BluRay und DVD erschienen.

Fazit: Trotz gelegentlicher zeitlich-struktureller Unebenheiten findet Game Of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer in der sechsten Runde nicht nur zu voller Stärke zurück, sondern macht einen Riesenschritt in Richtung Finale und überholt dabei endgültig die Handlung der bisher veröffentlichen Romane von George R.R. Martin. 9 von 10 Punkten.

Game Of Thrones 6_Dany
Daenerys in der Gewalt der Dothraki
Game Of Thrones 6_Euron
Euron Greyjoy taucht auf
Game Of Thrones 6_High Sparrow und Margaery
Königin Margaery soll sich von ihren Sünden reinwaschen
Game Of Thrones 6_Arya
Arya, mit Blindheit geschlagen
Game Of Thrones 6_‫Schlacht
Die Schlacht der Bastarde

Marius Joa, 17. November 2016. Bilder: HBO.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner