Game Of Thrones: Staffel 8

Jetzt wo sich der Staub gelegt hat, wird es Zeit für meine ausführliche Kritik zur finalen Staffel von Game of Thrones, der TV-Adaption von George R.R. Martins Fantasy-Saga Das Lied von Eis und Feuer.

Game of Thrones: Staffel 8 (Game of Thrones: Season 8)
Fantasy-Drama-Serie USA 2019. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 6 Folgen. Gesamtlänge: ca. 430 Minuten.
Mit: Peter Dinklage, Nikolaj Coster-Waldau, Lena Headey, Emilia Clarke, Kit Harington, Sophie Turner, Maisie Williams, Liam Cunningham, Nathalie Emmanuel, Alfie Allen, John Bradley, Isaac Hempstead-Wright, Gwendoline Christie, Conleth Hill, Rory McCann, Jerome Flynn, Kristofer Hivju, Joe Dempsie, Jacob Anderson, Hannah Murray, Iain Glen u.v.a. Nach
Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin. Adaption: David Benioff und D.B. Weiss.

 

 


Überhastete Finalstaffel

Nachdem es dem Night King (Vladimir Furdik) dank des untoten Drachen Viserion gelang, die Mauer an einer Stelle zu überwinden, marschieren die Untoten unaufhaltsam in Westeros ein. In Winterfell, der Hauptstadt des Nordens, sammeln Jon Snow (Kit Harington) und Königin Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) ihre Truppen, um sich auf die Schlacht mit der Totenarmee vorzubereiten. Auch wenn das Überleben des ganzen Kontinents am seidenen Faden hängt so herrschen unterschiedliche Spannungen zwischen den einzelnen versammelten Parteien. Sansa Stark (Sophie Turner), Jons Schwester, beäugt die Beziehung ihres Bruders mit Daenerys kritisch. Samwell Tarly (John Bradley) sieht sich von dem allwissenden Bran Stark (Isaac Hempstead-Wright) gezwungen, seinem besten Freund Jon dessen wahre Herkunft zu offenbaren. Da taucht ein überraschender Gast auf. Im Süden heißt Königin Cersei Lannister (Lena Headey), die nur zum Schein auf den Waffenstillstand mit ihren Feinden eingegangen ist, die von ihrem Verbündeten Euron Greyjoy (Pilou Asbæk) mit seinen Schiffen von Essos transportierte Söldnerarmee namens Goldene Kompanie willkommen. Als die Nachricht vom Eintreffen der Totenarmee eingeht beginnt die eigentlich aussichtslose Schlacht um Winterfell und die Zukunft der Lebenden…

Die Aussage, dass die achte und finale Staffel von Game of Thrones, der TV-Serien-Adaption von George R.R. Martins Fantasy-Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer (1996-?), eine starke Reaktion beim Publikum ausgelöst hat, ist eine ziemliche Untertreibung. Der Unmut, um nicht zu sagen Hass, vieler “Fans” und anderer Zuschauer richtete sich im Nachgang vor allem gegen die beiden Showrunner/Chefautoren David Benioff und D.B. Weiss. Vorgeworfen wurde den Serienmachern unter anderem die Zerstörung einer Figur sowie generelle Inkompetenz. Ein paar unverbesserliche Anhänger starteten sogar eine Online-Petition mit der Forderung, Season acht noch einmal neu zu produzieren. Ich kann der in Zeiten von (a)sozialen Netzwerken herrschenden Unsitte alles, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht, mit Hass und Verachtung abzustrafen, wahrlich nichts abgewinnen. Obgleich auch aus meiner Sicht die finale GoT-Staffel die schwächste der ganzen Serie darstellt. Die Ursachen dafür sind allerdings eher komplexer Natur.

Problem 1: Autor George R. R. Martin macht bei den noch ausstehenden Band 5 und 6 der Romanreihe keinen merklichen Fortschritt. Martin, mittlerweile 71 Jahre alt, wird nicht jünger und seine Produktivität sicherlich nicht besser. Der fünfte Roman von Das Lied von Eis und Feuer, A Dance with Dragons, erschien 2011, im gleichen Jahr wie die erste GoT-Staffel. Seitdem werkelt der preisgekrönte Schriftsteller an der Fortsetzung, hat seine weiteren Projekte einigermaßen reduziert, um sich fast ganz der Fortführung seiner großen Saga widmen zu können. Dennoch schaffte es die Serien-Adaption die Vorlage (früher als von Martin gedacht) zeitlich zu überholen. Martin war daher gezwungen Benioff und Weiss die wichtigsten Eckpunkte der ausstehenden Bücher mitzuteilen, damit diese die TV-Adaption vollenden konnte. Dass dieses Ende bzw. die letzten Episoden jetzt nicht alle Zuschauer zufrieden stellen, liegt also nicht allein an den Serien-Autoren.

Problem 2: Benioff und Weiss können besser adaptieren als anhand grober Eckdaten eigene Stories zu kreieren. In ersterer Hinsicht haben sie in den ersten sechs Seasons über weite Strecken hervorragende Arbeit geleistet. Das gleiche Niveau konnte das Duo bei den letzten beiden Runden nicht halten, auch weil sie eben keine auserzählte Buchvorlage als Basis hatten. Dennoch sind Benioff und Weiss sowie ihre Mitstreiter Bryan Cogman und Dave Hill aus meiner Sicht keine schlechten Drehbuchautoren.

Problem Nummer drei kann man den Showrunnern allerdings schon anlasten. Die Entscheidung gegen mehr Folgen und damit mehr Zeit in den letzten beiden Staffeln zugunsten von weniger Episoden mit größeren Schlachten und Setpieces hat sich aus inhaltlicher Sicht als falsch erwiesen. Denn vor allem in der zweiten Hälfte der Finalstaffel erweist sich die Handlung als viel zu überhastet. Das kulminiert in den schwachen Folgen vier und fünf in welchen sich plötzlich Plotholes so groß wie das Loch in der Mauer auftun und außerdem die über mehrere Staffeln vorbereitete, an sich stimmige Entwicklung einer Hauptfigur, die von vielen „Experten“ als falsch bewertet wird, übers Knie gebrochen wird Ein paar Folgen mehr (oder gleich eine ganze Staffel) wären hier sicherlich die bessere Lösung gewesen.

Doch genug kritisiert. Selbst in der inhaltlich durchwachsenen Finalstaffel bietet Game of Thrones großes Kino. Im Bereich Kostüme, Setdesign, Kamera, Schnitt, Musik, Make Up, Stunts usw. bleibt das Niveau weiterhin sehr hoch. Der ohnehin geniale Vorspann erhält zudem ein wundervolles Update. Als inszenatorisches Highlight fungiert natürlich die dritte Folge The Long Night, deren 80 Minuten Laufzeit sich ausschließlich der Schlacht der Lebenden gegen die Toten widmet. Allerdings sieht man davon leider teilweise recht wenig, was aber bei den äußeren Bedingungen (Dunkelheit, Nebel und eisiger Wind) völlig realistisch erscheint. Meine Favoriten bleiben aber dennoch die ersten beiden Episoden, mit ihrer gelungenen Mischung aus dem Positionieren der Figuren sowie einigen starken Charaktermomenten. Und so hat sich nicht eine der Schlacht-Sequenzen, sondern eine unerwartete musikalische Einlage als meine Lieblingsszene herauskristallisiert. Never wanted to leave

Bei aller hastig abgewickelten Handlung hat mich die letzte Folge dann doch mit ihren kuriosen Wendungen positiv überrascht. Die Auflösung der zentralen Frage der ganzen Serie hatte ich ehrlich gesagt so nicht auf der Rechnung. Mit einem Staffelauftakt, der die Pilotfolge in gekonnter Weise spiegelt, und einer wunderschönen Schlussmontage überzeugt Game of Thrones immerhin bei Anfang und Ende der letzten Runde. Die Meinung, dass eine durchwachsene oder gar schwache Finalstaffel eine ansonsten großartige Serie zu überschatten vermag, teile ich überhaupt nicht. „GoT“ bleibt eine einmalige TV-Produktion, die Maßstäbe gesetzt hat und für viele nicht zu Unrecht als Meilenstein erwachsene Fantasy ohne klassische Aufteilung von Gut und Böse gilt.

Nachdem HBO leider kürzlich eine geplante Prequelserie über das erste Auftauchen die White Walkers (welche Jahrtausende vor der Haupthandlung von Game of Thrones spielt) und die Vorfahren der Adelshäuser von Westeros nach Sichtung einer unter anderem mit Naomi Watts, Miranda Richardson, Georgie Henley und John Simm nominell stark besetzten Pilotfolge gecancelt hat, wurde plötzlich eine auf George R. R. Martins fiktivem Geschichtsbuch Fire & Blood basierende Show namens House of the Dragon bestellt, die sich mit der Historie des Hauses Targaryen auseinandersetzen soll. Fans der Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer hoffen natürlich darauf, dass GRRM in absehbarer Zeit doch noch die ausstehenden Bände fünf und sechs veröffentlicht. For the Throne.

Die achte und letzte Staffel von Game of Thrones erscheint am 3. Dezember 2019 auf DVD und BluRay.

 

Fazit: Auf der Zielgeraden gerät Game of Thrones teilweise böse ins Schlingern, vermag mit seinem kuriosen Finale aber durchaus zu überraschen. 7 von 10 Punkten.

Cersei freut sich…
…den ihre neuen Truppen sind da!

 

Ankunft in Winterfell

 

Bran im Götterhain

 

Vor der Schlacht

 

Marius Joa, 7. November 2019. Bilder: HBO.

 

 

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