Seit dem 15. Februar läuft im deutschen Fernsehen endlich die preisgekrönte US-Serie In Treatment, auf 3sat! Marius Joa hat sich die ersten Folgen angesehen.
In Treatment
Drama-Serie USA 2008. 43 Folgen (Staffel 1). TV-Erstausstrahlung: 15. Februar 2010.
Mit: Gabriel Byrne, Melissa George, Blair Underwood, Mia Wasikowska, Embeth Davidtz, Josh Charles, Dianne Wiest u.a. Nach der Serie Be Tipul von Hagai Levi. Adaption: Rodrigo Garcia.
„Der Kunde hat immer Unrecht“
Paul Weston (Gabriel Byrne) ist Psychologe und erfolgreicher Therapeut. Die unterschiedlichsten Menschen nehmen tagtäglich auf seiner Couch Platz und erzählen von ihren Problemen und Ängsten. Paul wirkt in den Sitzungen souverän und professionell aber eher zurückhaltend. Kaum zu glauben, dass Paul einmal wöchentlich selbst eine Therapeutin (Dianne Wiest) aufsucht. Denn hinter der Fassade des renommierten Seelenklempners verbirgt sich ein Mann in der Krise.
Fünf Tage die Woche, vier Patienten, jeweils einer von Montag bis Donnerstag und am Freitag begibt sich der Therapeut selbst in Therapie. Nach diesem Schema sendete der hochkarätige Kabelsender HBO die Serie In Treatment, die teilweise 1:1 von der israelischen Erfolgsserie Be Tipul übernommen wurde. In diesem dichten Turnus liefen 2008 in den USA die 43 Folgen der ersten Staffel über einen Zeitraum von neun Wochen. 2009 lief die zweite Staffel, eine dritte ist für Ende 2010 angekündigt.
Die Ausstrahlungsrechte fürs deutsche Free-TV hat sich überraschend der Kultursender 3sat gesichert. Seit dem 15. Februar zeigt er von Montag bis Freitag von 21:00 bis ca. 22:00 täglich je zwei Folgen und das noch bis 26. Februar 2010. Ab Mittwoch, den 3. März sollen die restlichen Episoden der ersten Staffel dann nur noch einmal pro Woche in Doppelfolgen gesendet werden.
Das war’s zum komplizierten und ungewöhnlichen Sendeprozedere, nun zum eigentlich interessanten Teil. In Treatment handelt nicht etwa in ausufernder Art vom Leben eines Psychotherapeuten. Zum großen Teil bestehen die einzelnen Folgen nur aus einer Sitzung zwischen Patient und Therapeut, in deren Verlauf sich so manche Wendung ergibt und viel Persönliches preisgegeben wird. Die Kameraposition wechselt zwar, doch im Grunde spielt sich alles nur in einem Raum ab. So wird eine Atmosphäre irgendwo zwischen einem minimalistischen Kurzfilm, einem einfachen Kammerspiel und modernem Theater erzeugt. Eine Folge wird durchschnittlich in zwei Tagen abgedreht.
Bereits in der ersten Folge merkt man, wie viel man aus dem einfachen Rezept (zwei Menschen, ein Raum, ein Gespräch) machen kann. Laura (Melissa George), eine junge Anästhesistin, ist nach einer schweren Nacht mit den Nerven am Ende. Die Beziehung mit ihrem Freund steht vor dem Scheideweg und vor lauter Frustration hat sich Laura in ein erniedrigendes Abenteuer gestürzt. Doch im Verlauf gelingt es Paul immer mehr aus Laura heraus zu kitzeln, bis sich die Situation auf überraschende Weise zuspitzt. Am Tag darauf kommt Bomberpilot Alex (Blair Underwood) in die Sprechstunde. Alex hat nach einem missglückten Einsatz im Nahen Osten Schuldgefühle, verbirgt diese aber hinter seinem Selbstbewusstsein.
Zugegeben, manche Situation oder manche Dialoge mögen eher banal oder etwas langweilig wirken, aber aus der Normalität „einfacher“ Leute zieht In Treatment seinen Reiz. Jeder, egal wie normal er ist, hat Ängste, Hoffnungen, Krisen zu meistern. Auf hintersinnige Art lenkt Paul die Gespräche oft in eine bestimmte Richtung. Für seine Verkörperung des Therapeuten erhielt Gabriel Byrne (Excalibur) 2009 den Golden Globe als bester Hauptdarsteller in einer Drama-Serie, das nur einer von vielen Preisen für die eigenwillige Produktion. Auch wenn es sicherlich schwierig für die Serie wird, in Deutschland ein Publikum zu finden, noch dazu mit diesem ungewöhnlichen Sendetermin, so hat sie es aufgrund ihrer minimalistischen aber effektiven Inszenierung und der starken Drehbücher verdient, eine Chance zu bekommen.
Fazit: Neuartige Serie mit minimalistischer, aber wirkungsvoller Inszenierung, die wie ein Kammerspiel wirkt. 8 von 10 Punkten.
TV-Termine
15. bis 26 Februar 2010: montags bis freitags, 21:00 bis 22:00 auf 3sat
ab 3. März 2010: mittwochs, 22:25 bis 23:25 auf 3sat
Marius Joa, 16. Februar 2010. Bilder: HBO/3sat.
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