Nachdem bei einer Halloween-Party ein Kind getötet wird, welches einen Mord beobachtet haben will, ruft Schriftstellerin Ariadne Oliver den belgischen Detektiv Hercule Poirot herbei, um den Fall zu lösen, in Halloween Party, einer Folge aus der Serie Poirot nach Werken von Agatha Christie.
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Poirot: Die Halloween Party (Poirot: Hallowe’en Party)
TV-Krimi UK 2010. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 89 Minuten (PAL-DVD).
Mit: David Suchet, Zoë Wanamaker, Richard Breislin, Amelia Bullmore, Paola Dionisotti, Deborah Findlay, Ian Hallard, Mary Higgins, Georgia King, Julian Rhind-Tutt, Eric Sykes, Sophie Thompson, Paul Thornley, Timothy West, Fenella Woolgar u.a. Nach dem Roman Die Schneewittchen-Party von Agatha Christie. Drehbuch: Mark Gatiss. Regie: Charles Palmer.
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“It was a dark and stormy night.“
Im beschaulichen englischen Örtchen Woodleigh Common feiert Rowena Drake (Deborah Findley) mit einigen Gästen, darunter Krimi-Schriftstellerin Ariadne Oliver (Zoë Wanamaker), die bei ihrer Freundin Judith Butler (Amelia Bullmore) und deren jugendlicher Tochter Miranda (Mary Higgins) auf Besuch ist, eine Halloween-Party, bei welcher die anwesenden Kinder verkleidet sind. Eines dieser Kinder, die für ihre tollen Geschichten bekannte Joyce Reynolds (Macy Nyman), verkündet vor aller Ohren, dass sie einst einen Mord beobachtet hat. Wenig später liegt Joyce tot in der Bibliothek. Ariadne Oliver ist entsetzt und hat sich eine fiese Erkältung eingefangen, weshalb wie ihren guten Freund, den bekannten Meisterdetektiv Hercule Poirot (David Suchet) aus London herbestellt, um den Kindesmord aufzuklären. Poirot beginnt seine Untersuchungen, wobei er alle Anwesenden, darunter Joyces Mutter (Sophie Thompson), Joyces Bruder Leopold (Richard Breislin), Rowena Drake und ihre erwachsenen Kinder Frances (Georgia King) und Edmund (Ian Hallard), den Gärtner Michael Garfield (Julian Rhind-Tutt) sowie Reverend Cottrell (Timothy West) und seine Assistentin, Miss Whittaker (Fenella Woolgar), befragt. Die als Hexe verschriene alte Mrs. Goodbody (Paola Dionisotti) erzählt Poirot von drei ungeklärten Todesfällen, welche Joyce beobachtet haben könnte. Wenig später wird ein zweites Opfer tot aufgefunden…
In insgesamt 13 Staffeln und 70 Folgen wurden zwischen 1989 und 2013 alle Romane sowie fast ausnahmslos alle Kurzgeschichten von Agatha Christie (1890-1976) über den belgischen Detektiv Hercule Poirot für die Serie Poirot adaptiert. Neben einer Weihnachtsfolge von 1994 (Staffel 6, Folge 1) entstand mit Halloween Party als Teil der 12. Staffel eine weitere saisonal passende Episode, dieses Mal für den Vorabend von Allerheiligen. Christies Roman von 1969, in Deutschland 1971 als Die Schneewittchen-Party erschienen, wurde von Mark Gatiss (Sherlock) als Drehbuch umgesetzt und die TV-Adaption von Regisseur Charles Palmer (Doctor Who) inszeniert. Bleibt noch die Frage, warum ich mir diese Folge im August und nicht Ende Oktober angesehen habe. Ganz einfach: Der Roman Hallowe‘en Party bildet die Basis bzw. Inspirationsquelle für Regisseur/Hauptdarsteller Kenneth Branaghs neuesten Poirot-Film (nach den sehr durchwachsenen Remakes zu Mord im Orientexpress [2017] und Tod auf dem Nil [2022]) A Haunting in Venice, welcher in wenigen Wochen, am 14. September 2023 in die deutschen Kinos kommen soll.
Da seit der ersten Sichtung des vorliegenden Krimis gut zehn Jahre vergangen waren hatte ich die Auflösung des Falles ehrlich gesagt vergessen und konnte daher erneut (wie beim ersten Mal) miträtseln bzw. der Lösung der Verbrechen entgegenfiebern. Ob und inwieweit sich die Adaption werkgetreu gestaltet, kann ich nicht sagen, da ich im Gegensatz zu Mord im Orientexpress und Tod auf dem Nil die Romanvorlage Christies nicht gelesen habe. Die „Queen of Crime“ hat sich in Person der Krimi-Autorin Adriadne Oliver selbst in einigen Werken mit Poirot im Zentrum verewigt. Hallowe’en Party gehört zu diesen und so taucht Mrs. Oliver auch hier (wie in fünf weiteren Folgen der Serie) erneut auf, wobei sie aufgrund einer bösen Erkältung ans Bett gefesselt und ihrem belgischen Freund keine große Hilfe ist. Stattdessen versucht sie den neuen Roman über ihren eigenen finnischen Schnüffler Sven Hjerson fertigzustellen.
Poirot, wie gewohnt souverän gespielt von David Suchet (zuletzt Sprecher in His Dark Materials), ist bei den Ermittlungen also weitgehend auf sich allein gestellt, auch weil der hiesige Polizeichef Inspector Raglan (Paul Thornley) vor allem zu Beginn der Methodik des belgischen Exzentrikers wenig abgewinnen kann. Wie Poirot hier früh klarstellt, hält er von den klassischen Bräuchen zu Halloween nicht. Schließlich sei es die Jahreszeit, der Verstorbenen zu gedenken und nicht sich makabren Spielchen hinzugeben.
Unabhängig davon, wie man zu den Festivitäten des 31. Oktobers bzw. 1. Novembers steht Hallowe’en Party gibt mit dem nebelverhangenen Dorf Woodleigh Common sowie einigen gelungenen Schauplätzen wie einem fast verwunschen wirkenden See und einem opulenten Garten ein stimmungsvolles Bild ab, ohne jedoch zu sehr auf übermäßige Theatralik zu setzen. Weniger ausgeklügelt erscheint leider der Plot, dessen Verwicklungen am Ende zwar halbwegs befriedigend aufgelöst werden, welcher aber für eine bessere Ausarbeitung einfach mehr Zeit als die hier verfügbaren 89 Minuten benötigt hätte. Daher werden auch einzelne Details der Handlung etwas stiefmütterlich behandelt.
Auch abseits von David Suchets gewohnt starker Performance als ermittelnder Protagonist und Zoë Wanamakers angeschlagener Adriadne Oliver präsentiert sich das Ensemble mehr als solide. Paola Dionisotti (Florence Foster Jenkins) versprüht als „Dorfhexe“ Mrs. Goodbody am ehesten Schaueratmosphäre. Die im besten Sinne eigenwillige Physiognomie britischer Mimen funktioniert auch hier wieder als Gegenentwurf zu den Hochglanz-Gesichtern aus Hollywood. Da sehen wir unter anderem Fenella Woolgar (die wiederum in einer Folge von Doctor Who als Agatha Christie zu sehen war) als Pfarrersgehilfin Miss Whittaker, deren Geheimnis Poirot schnell erkennt und Sophie Thompson (Vier Hochzeiten und ein Todesfall, Harry Potter und die Heiligtümer des Todes), die Schwester von Oscar-Gewinnerin Emma Thompson (Sinn und Sinnlichkeit [1995]), als Mrs. Reynolds. Mit Phyllida Law (Jane Austens Emma [1996]) ist auch deren Mutter in einer kleinen Rolle dabei.
Jedenfalls bleibt es spannend, was Kenneth Branagh und sein Drehbuchautor Michael Green aus diesem Stoff in A Haunting in Venice machen werden. Mit Venedig als potenzialträchtigem Schauplatz scheint der Film nach den bisherigen Trailern wohl ziemlich deutlich in Richtung Grusel zu gehen. Inwieweit das Endergebnis überhaupt noch mit Christies Vorlage zu tun hat werden wir sehen.
Halloween Party ist als Bestandteil der Collection 11 von Poirot am 28. März 2014 auf DVD erschienen sowie aktuell auch als kostenpflichtiger Stream bei Amazon und Apple TV verfügbar.
Fazit: Stimmungsvoller Herbstkrimi, der inhaltlich ein wenig hinter seinen Möglichkeiten bleibt. 7 von 10 Punkten.
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Weitere Agatha-Christie-Adaption:
Mord im Orientexpress (1974)
Tod auf dem Nil (1978)
Poirot: Tod auf dem Nil (2004)
Poirot: Mord im Orientexpress (2010)
Mord im Orientexpress (2017)
Das krumme Haus (2018)
Tod auf dem Nil (2022)
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Marius Joa, 9. August 2023. Bilder: ITV/Polyband.
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