Um die Wartezeit auf die 2. Staffel des globalen Mystery-Dramas Sense8 zu verkürzen, gab es eine Spezialepisode zu Weihnachten. Nur Kitsch oder ernstzunehmende Fortführung der Serienhandlung?
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Sense8: Ein Weihnachts-Special (Sense8: A Christmas Special)
Mysteryserie/Drama USA 2016. 124 Minuten. Erstausstrahlung: 23. Dezember 2016 (Netflix).
Mit: Doona Bae, Jamie Clayton, Tina Desai, Tuppence Middleton, Toby Onwumere, Max Riemelt, Miguel Ángel Silvestre, Brian J. Smith, Freema Agyeman, Terrence Mann u.a. Regie: Lana Wachowski. Drehbuch: Lana Wachowski und J. Michael Straczynski. Idee: The Wachowskis und J. Michael Straczynski.
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Celebr8
Fast zwei Jahre zeitliche Abwesenheit zwischen zwei Staffeln einer Serie sind durchaus lang. Daher haben sich die Macher des kosmopolitischen Mystery-Dramas Sense8 entschieden, zwischen der Veröffentlichung der ersten Staffel (die 12 Folgen gingen bei Netflix am 5. Juni 2015 online) und dem Start von Season 2 (ab 5. Mai 2017) einen Pausenfüller zu platzieren, nämlich das Weihnachtsspezial Sense8: A Christmas Special. Die perfekte Gelegenheit, dem Publikum die Ausgangssituation der acht Hauptfiguren nach dem Finale von Runde eins wieder ins Gedächtnis zu rufen und die Handlung vor dem Hintergrund anstehender Feierlichkeiten behutsam voranzutreiben.
Nachdem es Will (Brian J. Smith) mit der Hilfe von Nomi (Jamie Clayton), Sun (Donna Bae), Lito (Miguel Ángel Silvestre), Wolfgang (Max Riemelt), Capheus (Aml Ameen) und Kala (Tina Desai) gelang, Riley (Tuppence Middleton) aus der Gewalt des finsteren Whispers (Terrence Mann) und seiner Organisation, welche Jagd auf die “Sensates” macht, zu befreien, scheint wieder ein wenig Ruhe einzukehren. Doch Will muss sich ständig unter Drogeneinfluss halten, damit Whispers nicht in seine Gedanken eindringen kann. Denn so könnte dieser auch zu den anderen sieben Mitgliedern des Clusters vordringen. Ebenfalls untergetaucht ist die amerikanische Transgender-Hacktivistin Nomi, die ebenfalls von Whispers Organisation und den Behörden verfolgt wird. In Seoul sitzt Sun weiterhin für die Verbrechen ihres Bruders Joong-Ki (Ki-Chan Lee) im Gefängnis. Capheus (nun: Toby Onwumere) versucht in Nairobi seinen bei einer Schießerei schwer beschädigten Bus “Van Damme” zu reparieren. Kala befindet sich auf Hochzeitsreise mit ihrem frisch angetrauten, besonders wohlhabenden Ehemann Rajan (Purab Kohli) in Italien und versucht, ihre Gefühle für Wolfgang zu vergessen. Nachdem dieser seinen verhassten Onkel und Cousin aus Rache für den Anschlag auf seinen besten Freund Felix (Max Mauff) ermordet hat, steht Wolfgang eine hohe Position innerhalb eines Berliner Mafiaclans offen. In Mexiko wurde Lito durch ein kompromittierendes Handyfoto öffentlich als homosexuell geoutet und steht durch die mediale Demütigung vor dem Ende seiner Karriere als Schauspieler…
Partytime
Weihnachtsfolgen sind so eine Sache. Unter dem nicht selten bemühten Vorsatz der (vorübergehenden) “Versöhnung” kommen viele Figuren einer Serie an einem Ort zusammen, um das wichtigste Fest des westlichen Megakapitalismus zu feiern, was nicht selten ungemein kitschig daherkommt. Auch Sense8, die Serie von den Wachowskis (Lana und Lilly, ehemals Larry und Andy) sowie J. Michael Straczynski über acht über den Erdball verstreute Menschen gleichen Alters, die auf verschiedene Arten plötzlich miteinander verbunden sind, beschritt bereits in ihrer ersten Staffel den schmalen Grad zwischen ehrlich gemeinter Emotionalität und überromantisiertem Kitsch, welcher im “Christmas Special” in einer neuen Vergewaltigung des Dauerbrenners Hallelujah gipfelt, die zumindest Leonard Cohen (am 7. November 2016 verstorben) nicht mehr miterleben muss.
Das unermüdliche Plädoyer für Toleranz vor allem in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, dem sich die Transgender-Frauen Lana und Lilly Wachowski (letztere pausierte bei der Produktion der 2. Staffel) gemeinsam mit Co-Autor Straczynski bei ihrer ersten Fernseharbeit verschrieben haben, ist bewundernswert. Doch so kunstvoll die Schicksale der acht Hauptfiguren miteinander verwoben sind, die einzelnen Handlungsstränge wirken meist nicht sehr logisch oder wenig realistisch. Die teilweise eher unfreiwillig komischen Dialoge sind da auch nicht unbedingt hilfreich.
Bei den toll fotografierten, mit Songs unterlegten Montageszenen und Sequenzen, in denen sich alle acht Sensates zum Feiern oder “flotten Achter” treffen, beschäftigt einen die Frage, warum sich die Wachowskis nicht hauptberuflich der Realisierung von Musikvideos und Hochglanz-Werbefilmen zuwenden. Die virtuos montierten Szenen von den unterschiedlichsten Locations (im Special kommen zu den bisherigen noch Amsterdam in den Niederlanden, Argyll in Schottland sowie Positano in Italien hinzu) und die großformatigen, hochauflösenden Bilder sind und bleiben eine der Stärken von Sense8, vor allem dann wenn sie mitreißend-kraftvoll und nicht pathetisch-überinszeniert sind.
Inhaltlich passiert hier meist nicht sehr viel, vor allem Riley (die nur als Wills “Drogenbeauftragte” fungiert) und Capheus wird wenig Raum gegeben. Die Rolle des kenianischen Matatu-Busfahrers wurde für das Weihnachts-Special und die zweite Staffel mit Toby Onwumere neu besetzt, nachdem sich der bisherige Darsteller Aml Ameen mit Showrunnerin Lana Wachowski wegen kreativer Differenzen überwarf.
Seit 23. Dezember 2016 ist A Christmas Special auf Netflix abrufbar. Am 5. Mai 2017 startet die komplette zweite Staffel von Sense8 mit 10 Folgen.
Fazit: Die Weihnachtsfolge frischt den Status Quo beim Zuschauer wieder auf und setzt die Geschichte der acht Sensates gemächlich fort, verrennt sich aber auch bisweilen in überinszenierten Sequenzen. 6 von 10 Punkten.
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Die Sensates feiern Geburtstag…
…und Weihnachten
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Marius Joa, 27. Dezember 2016. Bilder: Netflix.
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