Star Trek: Discovery – Staffel 2

Der Weltraum unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der zweiten Staffel des Raumschiffes Discovery, welche sich fast ausschließlich um eine Person drehen: Michael Burnham.

Star Trek: Discovery – Staffel 2 (Star Trek: Discovery – Season 2)
Science-Fiction-Serie USA 2019. 14 Folgen. Gesamtlänge: ca. 720 Minuten. Erstausstrahlung: 18. Januar 2019.
Mit: Sonequa Martin-Green, Doug Jones, Anthony Rapp, Mary Wiseman, Anson Mount, Emily Coutts, Wilson Cruz, Oyin Oladejo, Ethan Peck, Alan Van Sprang, Michelle Yeoh u.v.a. Nach Star Trek von Gene Roddenberry. Idee: Bryan Fuller und Alex Kurtzman.

Der Weltraum und wie er sich um Michael Burnham dreht

Auf dem Weg zum Planeten Vulkan trifft das Föderationraumschiff USS Discovery überraschend auf die USS Enterprise unter Captain Pike (Anson Mount). Pike übernimmt per Notverordnung das Kommando der Discovery. Im Gepäck hat er dringliche Informationen über merkwürdige, weit im All verstreute Signale. Commander Michael Burnham, Wissenschaftsoffizierin der Discovery, hofft darauf, ihren vulkanischen Adoptivbruder Spock (Ethan Peck) zu treffen, muss allerdings feststellen, dass sich dieser selbst in eine Psychiatrie der Sternenflotte eingewiesen hat. Burnham findet heraus, dass Spock von den Signalen wusste, bevor diese überhaupt erschienen sind. Außerdem erlebte der Halbvulkanier seit seiner Kindheit Visionen eines roten Engels. Die Signale führen die Crew der Discovery zu unterschiedlichen Orten, etwa den Heimatplaneten des kelpianischen ersten Offiziers Commander Saru (Doug Jones). Für den Ursprung der Signale interessiert sich mit Sektion 31 auch der umfassend befugte Geheimdienst der Sternenflotte unter Captain Leland (Alan Van Sprang) und einer alten Bekannten: Philippa Georgiou (Michelle Yeoh)…

 Lieutenant Spock

Zu behaupten, die erste Staffel von Star Trek: Discovery (Teil 1 und Teil 2) der siebten Serie aus dem traditionsreichen Science-Fiction-Franchise, sei umstritten, ist eine ziemliche Untertreibung. Während sich die unverbesserlichen Puristen schon an den ersten Konzeptzeichnungen des titelgebenden Raumschiffes negativ aufgeilten empfand ich die erste Runde der für die Streamingplattformen CBS All Access (USA) und Netflix (hierzulande und anderswo) produzierten Show als gelungen. Die Mischung aus altbewährten und neuen Elementen in einem modernen Seriengewand, mit düsterem Kriegsdrama und dem fatalistischen Spiegeluniversum als Kernpunkte funktionierten meines Erachtens nach gut. Und „Discovery“ gedeihte auch dank des üppigen Budgets von bis zu 8,5 Millionen Dollar pro Episode. Warum es allerdings notwendig war, mit der zentralen Haupfigur Michael Burnham dem legendären Charakter Spock eine Adoptivschwester anzudichten, erschließt sich mir bis heute nicht.

In Season 2 liegt der thematische Schwerpunkt ganz woanders. Die Crew des Raumschiffes Discovery muss geheimnisvolle Signale erforschen, um in der Folge festzustellen, dass Zeitreisen eine wichtige Rolle spielen. Wie auch schon in Runde eins liefert das Produktionsteam ein in technischer Hinsicht sehr hochwertiges Produkt ab, welches den neuen Star Trek-Kinofilmen des Kelvin-Universums diesbezüglich mindestens ebenbürtig erscheint und zudem (glücklicherweise!) auch weiterhin auf das nervtötende Kamera-Gewackel verzichtet. Mit Anson Mount (Hell on Wheels, Inhumans) als Captain Christopher Pike und Ethan Peck (Enkel von Gregory Peck) als Spock erhalten zwei bekannte Figuren neue Gesichter, die überzeugen können. Vor allem der neue Discovery-Captain beweist im Vergleich zu seinem hinterhältigen Vorgänger Lorca große Führungsqualitäten.

Inhaltlich gestaltet sich die zweite Staffel durchaus als spannend und in vielerlei Hinsicht über die gesamten 14 Folgen als abwechslungsreich, doch limitiert sich das Autorenteam selbst, indem fast ausschließlich die mittlerweile leider langweilig gewordene Figur der Michael Burnham ins Zentrum gerückt wird. Während in den ersten Episoden noch die viel interessanteren Hauptcharaktere wie der kelpianische Commander Saru (Kontortionist Doug Jones mit gewohnt starker Präsenz), die bisweilen nervige wenngleich liebenswerte Kadettin Sylvia Tilly (Mary Wiseman als bisher einzige Trek-Hauptakteurin mit echten Kurven) sowie der emsige Ingenieur Lieutenant Commander Paul Stamets (Anthony Rapp) im Mittelpunkt der Episodenhandlung stehen und Spock noch als Macguffin dient, bevor er in der Mitte der Season erstmals wirklich zu sehen ist, offenbart sich danach, dass Burnham als Zentrum der ganzen Geschichte und im Grunde auch des ganzen Universums. Doch irgendwann bemerkt man, dass diese Heldin eigentlich ziemlich auf der Stelle tritt und ihr Perfektionismus, die ständige Härte gegen sich selbst sowie auch ihre Arroganz sie ziemlich vorhersehbar und langweilig machen. Dieser Umstand erscheint besonders schade, weil dadurch spannendere Figuren und Handlungselemente hintenanstehen müssen.

Staffel 2 zeigt zudem, dass die Macher der Serie gegenüber ihren übertrieben kritischen Fans eingeknickt sind. Die in Season 1 einem Redesign unterworfenen bisher „glatzköpfigen“ Klingonen tragen nun doch wieder Haare und die ganze Haupthandlung endet mit einer Zeitreise, welche die Existenz der Discovery und ihrer Crew aus der „Kanongleichung“ herauszieht und somit das Seriengeschehen nivelliert. Scheinbar war man vom bisher eingeschlagenen Weg doch nicht so überzeugt. Dafür regiert die Plot Convenience umso häufiger.

Trotz alledem bleibt es spannend zu verfolgen wie die vermutlich irgendwann nächstes Jahr startende dritte Season die neue Ausgangslage der USS Discovery und ihrer Mannschaft gestaltet. Genau wie der ebenfalls von Querelen und Abgängen geplagten Serie American Gods wünsche ich Discovery eine reibungslose Zukunft. Dem Abgang von Co-Creator Bryan Fuller vor Beginn der Produktion von Staffel 1 folgte in der zweiten Season die Entlassung der bisherigen Showrunner Gretchen J. Berg und Aaron Harberts nach dem Dreh der fünften Episode. Mit Alex Kurtzman übernahm der andere Co-Creator den Chefposten. Sicherlich alles andere als gute Voraussetzungen, eine aufwändige TV-Produktion zu stemmen.

Nachdem ein vierter Reboot-Kinofilm derzeit nicht in Sicht scheint tut sich bei „Star Trek“ allerdings derzeit viel im Serienbereich. Nach der Veröffentlichung der Spinoff-Kurzfilmreihe Star Trek: Short Treks im Vorfeld der zweiten „Discovery“-Saison sind weitere Shows geplant: eine Animations-Comedyserie für Erwachsene namens Lower Decks, eine Serie über die berüchtigte Sektion 31 sowie Star Trek: Picard, eine Produktion welche die Geschichte des legendären, von Patrick Stewart verkörperten, Sternenflotten-Captains 20 Jahre nach Star Trek: Nemesis fortsetzt. Geplanter Start: voraussichtlich Frühjahr 2020 bei Amazon Prime.

Die komplette Staffel 2 von Star Trek: Discovery ist seit dem 19. April 2019 bei Netflix abrufbar.

Fazit: Discovery bleibt auch in der zweiten Runde eine hochwertig produzierte und spannende Scifi-Serie, die aber inhaltlich darunter leidet, dass sich fast alles um eine recht langweilige Hauptfigur dreht und Plot Convenience überstrapaziert wird. 6 von 10 Punkten.

Captain Pike übernimmt das Kommando
Georgiou und Leland von Sektion 31
Am Basteln: Ingenieurin Jett Reno


Marius Joa, 21. Juli 2019. Bilder: Netflix/CBS.

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