Ein unfassbar brutaler Mord in Nürnberg macht nicht nur die Hinterbliebenen, sondern auch die Kommissare Ringelhahn und Voss fassungslos, in Warum, dem achten Tatort aus Franken.
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Tatort: Warum
TV-Krimi Deutschland 2022. 88 Minuten. TV-Erstausstrahlung: 1. Mai 2022.
Mit: Dagmar Manzel, Fabian Hinrichs, Eli Wasserscheid, Andreas Leopold Schadt, Valentina Sauca, Karl Markovics, Julie Engelbrecht, Götz Otto u.a. Drehbuch: Max Färberböck und Catharina Schuchmann. Regie: Max Färberböck.
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Sprachlos
Lukas Keller (Casper Schuchmann) ist ein überaus beliebter junger Mann, sowohl beim lokalen Sportverein als auch in seiner Tätigkeit als IT-Spezialist bei einem Nürnberger Soeditionsunternehmen, welches von Karl-Heinz Weinhardt (Götz Otto) geleitet wird. Eines Abends ist der 27jährige gemeinsam mit seiner neuen Freundin Mia (Julie Engelbrecht) zum Essen bei seiner Mutter Marie (Valentina Sauca) verabredet. Doch Lukas taucht nicht auf und wird in der Nacht tot aufgefunden, brutal ermordet. Nicht nur seine Mutter und sein Vater Fritz (Karl Markovics) sind am Boden zerstört und können den Verlust ihres Sohnes kaum fassen. Auch Hauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) droht am Verbrechen zu verweifeln. Die gemeinsam mit den Kollegen Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) und Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) mit aller Anstrengung geführten Ermittlungen kommen erst einmal zu keinem Ergebnis. Dann erfahren die Ermittler von einem ähnlichen, bisher ungeklärten Mordfall, der sich vor sechs Monaten in der Oberpfalz ereignete…
Schon seit Beginn der Reihe mit Der Himmel ist ein Platz auf Erden im April 2015 menschelt es imTatort aus Franken, welcher sich überwiegend in Nürnberg und Umgebung abspielt. Große Spannung oder gar Action gibt es meist nur am Rande. In den bisher vom Bayerischen Rundfunk produzierten Krimis aus dem Norden Bayerns gestaltete sich dieser Schwerpunkt auf Menschlichkeit und Emotionalität abwechselnd als Schwach- und Pluspunkt. Der achte Fall mit dem einfachen Titel Warum, genau wie Nummer eins, Nummer vier und Nummer sechs von Catharina Schuchmann und Max Färberböck geschrieben sowie von Färberböck inszeniert, gehört eher zu den besseren Teilen der Reihe, wenngleich der mit Ein Tag wie jeder andere, dem fünften Fall von 2019, erklommene Höhepunkt nicht erreicht werden kann.
Schuchmann und Färberböck konzentrieren sich sehr auf die Auswirkungen der Tat auf die Hinterbliebenen und die ermittelnden Polizeibeamten. Die Zuschauer verbringen viel Zeit mit Lukas’ Eltern, eindringlich gespielt von Valentina Sauca (Dinosaurier [2009]) und Karl Markovics (Die Fälscher, Das letzte Problem [2019]), die eigentlich seit Jahren geschieden sind, aber gemeinsam versuchen, den Tod ihres einzigen Kindes irgendwie zu verkraften, was ihnen nicht gelingt. Die Fragen der Kommissare nach einem möglichen Anhaltspunkt für das Verbrechen lassen sie schweigend unbeantwortet. Apathisch schleppen sich sie über weite Strecken durch die Handlung. Parallel treiben die lange Zeit fruchtlosen Ermittlungen und die Brutalität des Mordes Felix Voss allmählich in die Verzweiflung. Diese Aspekte nehmen sehr viel Raum in der Handlung ein, was zum einzig großen Kritikpunkt führt: es bleibt einfach nicht genug Zeit, um den Kriminalfall organisch zu entwickeln. Die doch recht kurzfristige Entwicklung und Auflösung wirken daher sehr forciert.
Richtig problematisch erscheint diese Schwäche allerdings nicht, insgesamt kann Warum als weitgehend gelungene Tatort-Folge überzeugen, vor allem weil hier ein starker Fokus auf die bedrückende erste Trauerphase nach einem Todesfall gelegt wird. In Person von Götz Otto (James Bond – Der Morgen stirbt nie, Der Untergang) als Lukas fürsorglichem Chef und einem kaum wiederzuerkennenden Ralf Bauer (Gegen den Wind) als bedrohlich respektive unverständlich flüsternder Obdachloser sind weitere bekannte Darsteller dabei. Abgesehen vom Duo Voss/Ringelhahn bekommen die Ermittler erneut wenig Raum, um ihre Figuren voranzubringen. Ein für 2023 vorgesehener, neunter Tatort aus Franken befindet sich schon in Produktion und wird zum Teil in Ansbach und Umgebung gedreht.
Tatort: Warum ist noch bis 1. November 2022 kostenlos in der ARD Mediathek abrufbar.
Fazit: Eindringlich gespielter TV-Krimi über die völlige Fassungslosigkeit nach dem Mord an einem beliebten jungen Mann. 7 von 10 Punkten.
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Lukas’ Eltern sind sprachlos
Was weiß Mia?
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Marius Joa, 12. Juni 2022. Bilder: BR/ARD.
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