Zu den herausragenden Produktionen des Streamingdienstes Netflix zählt zweifelsohne The Crown von Peter Morgan, die sich sukzessive mit der Herrschaft von Englands Königin Elisabeth II. auseinandersetzt. Staffel 2 von 2017 spielt sich zwischen 1956 und 1964 ab.
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The Crown: Staffel 2 (The Crown: Season 2)
Gesellschaftsdrama/Historienserie UK, USA 2017. 10 Folgen. Gesamtlänge: ca. 600 Minuten.
Mit: Claire Foy, Matt Smith, Vanessa Kirby, Victoria Hamilton, Matthew Goode, Jeremy Northam, Anton Lesser u.v.a. Idee: Peter Morgan.
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Zwischen Krone und Menschlichkeit
1956. Während ihr Ehemann Phillip (Matt Smith) seine weltweite Royal Tour durch die Kolonien Großbritanniens beginnt, keimt in Königin Elizabeth II. (Claire Foy) der Verdacht auf, er könnte sie betrügen. Die Untreue von Philips Privatsekretär Michael Parker (Daniel Ings) bestärken diese Zweifel. Als Truppen aus Israel, Frankreich und Großbritannien die Sinai-Halbinsel in Ägypten besetzen, um Kontrolle über den Suezkanal zu erzwingen, löst diese Operation eine internationale Krise aus, die Premierminister Anthony Eden (Jeremy Northam) über den Kopf wächst. Elisabeths Onkel David (Alex Jennings), der 1936 zugunsten seiner Heirat mit der mehrfach geschiedenen Wallis Simpson (Lia Williams) auf den Thron verzichtet hatte, bemüht sich um eine Aufgabe, damit er wieder seinem Land dienen kann. Doch holt den früheren König die Vergangenheit in Form seiner Verbindungen zu Nazi-Deutschland wieder ein. Prinzessin Margaret (Vanessa Kirby), die Schwester der Königin, beginnt eine turbulente Beziehung mit dem exzentrischen Fotografen Antony Armstrong-Jones (Matthew Goode), die 1960 in einer etwas verspäteten Hochzeit mündet…
Elisabeth und Jackie
In wenigen Tagen (am Sonntag den 17. November 2019) veröffentlicht Netflix die sicherlich lang erwartete dritte Staffel seiner prestigeträchtigen und hochwertigen Serie The Crown. Im Vorfeld nutze ich die Gelegenheit für eine erneute Sichtung von Season 2, auch um mit knapp zweijähriger Verspätung endlich meine vorliegende Besprechung abzuliefern. Bereits Staffel 1 wusste mich vor drei Jahren zu begeistern. Und auch in der zweiten Runde gelingt es Serienschöpfer Peter Morgan (bekannt für seine fiktionale Aufarbeitung zeitgeschichtlicher Stoffe), der die Skripts im Gegensatz zum Vorjahr nicht ganz allein, sondern gemeinsam mit zwei Co-Autoren verfasste, das hohe Niveau zu halten und die einzelnen Erzählfäden stilvoll zu kombinieren.
Die Handlung der zweiten Season umfasst die Jahre 1956 bis 1964, behandelt dabei nicht nur persönliche Ereignisse im Leben von Elisabeth II., wie die Geburt ihrer Söhne Andrew und Edward oder die Vermählung von Prinzessin Margaret mit Antony Armstrong-Jones, sondern auch weitreichende gesellschaftliche und politische Vorkommnisse. Neben der Suezkrise (die Churchill-Nachfolger Anthony Eden den Job als Premierminister kostete), den Verbindungen ihres Onkels und seiner Gattin zum Nazi-Regime (Stichwort „Marburg Files“), der Kritik an Elisabeths Auftreten bzw. der elitären Einstellung der Upper Class durch den Journalisten Lord Altrincham und natürlich die Profumo-Affäre, welche den Rücktritt von Edens Nachfolger im Premierminister-Amt, Harold Macmillan, nach sich zog.
Morgan mag sich bei der fiktionalen Aufarbeitung des Stoffes ein paar dramaturgische Freiheiten genommen haben, die Handlung wirkt aber zu jeder Zeit stimmig. Den inszenatorischen Höhepunkt bildete für mich die neunte Folge Paterfamilias, in welcher parallel die schwierige Schulzeit an der schottischen Privatschule Gordonstoun von Philip und seinem Sohn Charles geschildert werden. Es kommt der Serie natürlich zugute, dass die beteiligten Produktionsfirmen Left Bank und Sony Pictures Television sowie Netflix hier keine Kosten und Mühen scheuen. Die Produktion einer Episode, deren Dreharbeiten jeweils etwa 22 Tage dauern, kostete in den ersten beiden Season 7 Millionen Dollar. Vor allem die detailreichen Sets sind eine Augenweide.
Was Helen Mirren 2006 in ihrer oscarprämierten Performance in Die Queen vorgemacht hat, das vollbringt Claire Foy (Wölfe) in der Rolle der jüngeren Königin. Gekonnt verkörpert sie eine Monarchin zwischen Pflichtverfüllung und Menschlichkeit, deren wahren Gefühle zwar meistens verborgen bleiben, bisweilen aber aber durch das nuancierte Spiel Foys durchscheinen. Neben Matt Smith (Doctor Who) als Philip, Victoria Hamilton als „Queen Mum“ und Vanessa Kirby (The Frankenstein Chronicles) als Prinzessin Margaret kehren auch Jeremy Northam (The Tudors) als Anthony Eden und Greg Wise als Louis Mountbatten in Staffel 2 zurück. Anton Lesser (The Hour, Game of Thrones) als neuer Premierminister Harold Macmillan und Matthew Goode (Watchmen) als Tony Armstrong-Jones stoßen zur Hauptbesetzung hinzu.
Das Ensemble ändert sich in der bevorstehenden Season 3 allerdings komplett. Denn um dem Alterungsprozess der historischen Figuren gerecht zu werden hat man sich von vorneherein entschlossen die Darsteller alle zwei Jahre auszutauschen. In Staffel 3 und 4 (wird seit August 2019 gedreht) übernimmt Olivia Colman (Oscar für The Favourite) die Rolle von Elisabeth II. Tobias Menzies (Rome, Game of Thrones) ersetzt Smith als Prinz Philip. Prinzessin Margaret wird von Helena Bonham Carter (die in The King’s Speech noch als Elisabeths Mutter zu sehen war) gespielt, ihr Ehegatte Tony von Ben Daniels. Mit Charles Dance als Neubesetzung von Louis Mountbatten gibt es einen weiteren Neuzugang mit Game of Thrones-Erfahrung. Staffel drei wird sich iin zehn Folgen mit den Geschehnissen der Jahre 1964 bis 1977 befassen.
Die zehnteilige zweite Staffel von The Crown ist seit dem 8. Dezember 2017 bei Netflix abrufbar sowie am 25. Oktober 2018 auch auf DVD und BluRay erschienen.
Fazit: Auch in der zweiten Staffel bietet Peter Morgan Serie über die Regierungsjahre der aktuellen britischen Monarchin aufwändig inszeniertes und mit fundierter Kenntnis der Materie geschriebenes Historienkino. 9 von 10 Punkten.
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Elisabeth und Philip müssen reden
Prinzessin Margaret und Tony
Premierminister Harold Macmillan
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