The Crown: Staffel 3

Knapp zwei Jahre nach Season 2 kehrte The Crown, die aufwändige Netflix-Serie von Zeitgeschichtsexperte Peter Morgan, mit der dritten Staffel und fast völlig neuem Personal zurück. Wie gut funktionieren die Umbesetzungen?

The Crown: Staffel 3 (The Crown: Season 3)
Historienserie UK, USA 2019.
10 Folgen. Gesamtlänge: ca. 535 Minuten.
Mit: Olivia Colman, Tobias Menzies, Helena Bonham Carter, Ben Daniels, Marion Bailey, Josh O’Connor, Charles Dance, Erin Doherty, Jason Watkins u.v.a. Idee: Peter Morgan.

Alte Bekannte, neue Gesichter

Mitte der 1960er muss sich Elisabeth II (Olivia Colman) damit abfinden, dass sie keine junge Königin mehr ist, sondern eine Frau mittleren Alters. Die Monarchin erlebt vor allem in politischer Hinsicht turbulente Zeiten. Ein Mitarbeiter des royalen Haushalts entpuppt sich als sowjetischer Spion und mit Harold Wilson (Jason Watkins) von der Labour Party wird ein Sozialist britischer Regierungschef. Für Prinzessin Margaret (Helena Bonham Carter), Schwester der Königin, und Gatte Tony (Ben Daniels) wird eine “Vergnügungsreise” durch die USA zum diplomatischen Ernstfall, als es gilt US-Präsident Lyndon B. Johnson (Clancy Brown) davon zu überzeugen, dem Vereinigten Königreich finanziell unter die Arme zu greifen. Aber auch der Umgang mit einem katastrophalen Erdrutsch im walisischen Bergarbeiterdorf Aberfan wird für die Krone zur Herausforderung. Charles (Josh O’Connor), ältester Sohn Elisabeths und vorgesehener Thronerbe, bereitet sich auf seine Amseinführung als Prinz von Wales mit einem Sprachaufenthalt vor. Aufgrund der Resentiments der Waliser gegenüber den Engländern kein einfaches Unterfangen. Seinen Vater Prinz Philip (Tobias Menzies) stürzt die Mondlandung im Juli 1969 in eine persönliche Krise. 1971 lernt Charles mit Camilla Shand (Emerald Fennell) schließlich die Liebes seines Lebens kennen…

 Der Prinz von Wales

Die von Peter Morgen, dem versierten Mann für die fiktionale Aufbereitung zeitgeschichtlicher Ereignisse im Allgemeinen und der Historie des britischen Königshauses im Besonderen, erschaffene und fast komplett in Eigenregie geschriebene Historienserie The Crown ist insgesamt auf sechs Staffeln ausgelegt, in deren Verlauf die bisherigen Herrschaftsjahre von Königin Elisabeth II. (seit 1952 auf dem Thron und mittlerweile stolze 93 Jahre alt) über die Jahrzehnte hinweg adaptiert werden sollen. Von daher war den Machern von vorneherein klar, dass alle zwei Staffeln die Darstellerriege ausgetauscht werden müssen. Der erste Wechsel fand mit Season 3 statt. Olivia Colman (Oscar für The Favourite) übernimmt die Hauptrolle von Claire Foy. Tobias Menzies (Rome, Game of Thrones) ersetzt Matt Smith als Prinz Philip, während Helena Bonham Carter (die in The King’s Speech noch Elisabeths Mutter spielte) Vanessa Kirby als Prinzessin Margaret nachfolgt. Deren Ehegatten Tony Armstrong-Jones spielt nun Ben Daniels (House of Cards). Marion Bailey (Mr. Turner – Meister des Lichts) gibt die ältere Königinmutter und Philips Onkel Louis Mountbatten verkörpert Charles Dance (Game of Thrones, Gosford Park). In Person von Josh O’Connor (Ripper Street) und Erin Doherty erhalten Elisabeths älteste Kinder Charles und Anne neue Gesichter, die nun zum Hauptcast gehören. Auch wenn ich die Neubesetzungen und das Ensemble generell herausragend finde so fand ich die Umstellung diesbezüglich etwas zu krass. Die erste Folge der neuen Season spielt nämlich im gleichen Jahr wie das Finale von Staffel 2. Da passt es eben nicht so recht ins Bild dass die gleichen Figuren plötzlich um einiges älter aussehen. Aber dieses Irritation legt sich mit der Zeit. Von Beginn kann brilliert die neue Hauptdarstellerin Oliva Colman und scheint der echten Queen nicht nur immer ähnlicher zu sehen sondern auch deren Sprechweise perfekt verinnerlicht zu haben. Die weiteren Schauspieler hinterlassen einen ähnlich starken Eindruck. Schade nur, dass Marion Bailey als „neue Queen Mum“ bis auf eine Episode fast zur Statistin mit wenig Text degradiert wird.

 Lord Mountbatten 

Eine Inhaltszusammenfassung fällt bei The Crown deshalb oft schwer, weil es sich um eine im besten Sinne eigenwillige Mischung aus Historiendrama und Anthologieserie handelt. Königin Elisabeth II. steht zwar im Zentrum und fungiert als Hauptfigur, aber auch ihre Familienmitglieder und wichtige Persönlichkeiten werden immer wieder in den Fokus mehrerer oder einzelner Episoden gerückt. Morgan versteht es dabei besonders gut, innerhalb einer Folge zwei Handlungsstränge/Themen geschickt gegenüber- oder nebeneinanderzustellen. Die Serie nimmt sich auch einige dramaturgische Freiheiten bei der Adaption diverser Ereignisse. Diese Änderungen sind unter Historikern und anderen Experten sehr umstritten, weil sie dem Zuschauer möglicherweise ein falsches Bild zeigen. Dabei ziehen Peter Morgan und seine beiden Co-Autoren James Graham und David Hancock aber immer wieder interessante Schlussfolgerungen oder zeigen Details in neuem Licht.

Wie ich finde krankt die dritte Staffel inhaltlich etwas daran, dass sie einen zu großen und ereignisreichen Zeitraum, nämlich die Jahre 1964 bis 1977 (dem Jahr des silbernen Jubiläums Elisabeths II.) abdeckt. Einige Geschehnisse fallen dabei unter den Tisch, wie die Hochzeit von Anne mit Captain Mark Phillips sowie der fehlgeschlagene Versuch, die Prinzessin zu entführen. Am Ende fühlte sich die Season im Vergleich zu den beiden ersten erzählerisch weniger rund an. Bei einer solch hochklassigen Produktion sind das allerdings Nuancen und ich jammere hier auf hohem Niveau.

Staffel 3 von The Crown ist seit dem 17. November 2019 bei Netflix abrufbar. Seit August 2019 wird mit den gleichen Hauptdarstellern die vierte Season gedreht, die vermutlich im November/Dezember 2020 erscheinen wird. Neu dabei: Gillian Anderson als Margaret Thatcher und Emma Corrin als Diana Spencer.

Fazit: Auch in der dritten Staffel präsentiert sich Peter Morgans Royals-Serie inszenatorisch und schauspielerisch herausragend, wirkt schlussendlich allerdings erzählerisch weniger rund als in den beiden Vorjahren. 8 von 10 Punkten.

Die Queen
Prinz Philip
Prinzessin Margaret und Ehemann Tony
Premierminister Harold Wilson

Marius Joa, 30. Dezember 2019. Bilder: Netflix.

Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner