Für mich war die kurze britische Serie The End of the F***ing World, basierend auf der gleichnamigen Graphic Novel des Amerikaners Charles Forsman, eines der Highlights des Jahres 2018. Im November 2019 erschien eine zweite Staffel, die sich unter etwas anderen Vorzeichen abspielt…
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The End Of The F***ing World: Staffel 2
(The End Of The F***ing World 2)
Comedy-Drama-Serie UK 2019. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 178 Minuten. Erstausstrahlung: 5. November 2019.
Mit: Jessica Barden, Alex Lawther, Naomi Ackie, Christine Bottomley, Alexandria Riley, Jonathan Aris u.v.a. Nach Charakteren von Charles Forsman. Drehbuch: Charlie Covell. Regie: Lucy Forbes und Destiny Ekaragha.
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Alyssa und James, Bonnie und Clive
Nachdem ihre Flucht vor der Polizei mit James (Alex Lawther) an einem Strand jäh endete wurde die 17jährige Alyssa (Jessica Barden) zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Zwei Jahre später wohnt Alyssa gemeinsam mit ihrer Mutter Gwen (Christine Bottomley) bei deren Halbschwester Leigh (Alexandria Riley). Leigh betreibt ein Café, in welchem ihre Nichte als Kellnerin arbeitet. Aus einer Laune heraus entschließt sich Alyssa den eher einfältigen Todd (Josh Dylan) zu heiraten. Kurz vor der Hochzeit erhält die junge Braut eine Pistolenkugel mit ihrem eingravierten Namen. Außerdem bemerkt Alyssa, dass sie von einem mysteriösem roten Auto verfolgt wird. Wenige Tage zuvor ist die junge Bonnie (Naomi Ackie) aus dem Gefängnis entlassen worden…
Eigentlich hätteTEOTFW nach den ersten acht Folgen zu Ende sein können. Die letzte Szene gestaltete sich hinsichtlich des Schicksals von James zwar interpretationsoffener als die letzte Seite der Graphic Novel von Charles Forsman, funktioniert aber dennoch als passender Schlusspunkt. Dennoch entschieden sich der britische Sender Channel 4 und Drehbuchautorin Charlie Covell (die auch als Schauspielerin agiert, etwa in der britischen Scandi-Noir-Krimiserie Marcella) weitere Episoden zu produzieren, nur eben ohne direkte Vorlage. Die Handlung von Forsmans minimalistischem Comicroman wurde nämlich durch die erste Staffel bereits komplett abgedeckt.
Season 2 von TEOTFW entpuppt sich keineswegs als schaler Aufguss der ersten Staffel. Stattdessen gelingt es die Charaktere und ihre Story weiterzuentwickeln sowie gleichzeitig dem Ton der Serie treu zu bleiben. Mit der von Naomi Ackie (Lady Macbeth, Star Wars: Episode IX – Der Aufstieg Skywalkers) gespielten Bonnie wird eine dritte Hauptfigur eingeführt, deren traurige, abgründige Origin Story den Inhalt der ersten Episode bildet. Der von James in Notwehr getötete Philosophie-Professor/Serienvergewaltiger Clive (Jonathan Aris) spielt darin eine Schlüsselrolle und bildet somit das Bindeglied zwischen den nun drei Protagonisten.
In ihrer unfassbaren Mischung aus Düsternis, schwarzem Humor, trockenen Dialogen und absurden Wendungen schickt die pointiert aufgemachte kleine TV-Produktion auch in Runde zwei ihre Hauptcharaktere auf eine schräge, lebensverändernde Odyssee. Dabei stehen junge Menschen im Mittelpunkt denen das Heranwachsen in einer intakten Familie durch Abwesenheit eines Elternteils oder andere Hindernisse verwehrt bleibt. Auch um ihrer trostlosen Existenz zu entkommen treffen die Figuren falsche Entscheidungen, natürlich mit gravierenden Konsequenzen. TEOTFW schafft beim Zuschauer Mitgefühl für die „verlorenen Seelen“ sowie noch genügend Raum für etwas Hoffnung und knalligen Galgenhumor. Das alles würde aber nicht annähernd so gut funktionieren wären die Leistungen der Schauspieler trotz meist eher reduziertem Mienenspiel nicht so spot on. Charlie Covell hat bereits angekündigt, keine weiteren Folgen mehr schreiben zu wollen, weil für sie die Geschichte abgeschlossen sei. Dem kann ich nur zustimmen.
Die zweite Staffel von The End Of The F***ing World ist seit dem 5. November 2019 bei Netflix abrufbar.
Fazit: In der zweiten (und wohl letzten) Staffel bleibt sich TEOTFW in vielen Belangen treu und entwickelt sich erzählerisch noch weiter. Das starke Darsteller-Ensemble agiert erneut herausragend. 9 von 10 Punkten.
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