Archiv II-2004

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Filme im 2. Quartal 2004:

Die purpurnen Flüsse 2 – Germanikus – Kill Bill Vol. 2 – Troja – Van Helsing – The day after tomorrow – Der Wixxer –
Harry Potter 3 (Der Gefangene von Askaban)

Die Purpurnen Flüsse 2 – Die Engel der Apokalypse
(Les Rivières Pourpres 2: Les Anges de l’Apokalypse)

Thriller Frankreich 2004. Regie: Olivier Dahan. 99 Minuten. FSK ab 16.
Mit Jean Reno, Benoît Magimel, Camille Natta, Augustin Legrand, Christopher Lee, Johnny Hallyday, Gabrielle Lazure u.a.

Kommissar Niemans beginnt seine Ermittlungen in einem lothringischen Kloster. Dort floß aus einem Kruzifix, das kurz zuvor in die Wand geschlagen wurde, Blut und dahinter wurde eine eingemauerte Leiche entdeckt. Derweil findet Niemans ehemaliger Schüler Reda einen Mann mit Schusswunde auf, der wie Jesus aussieht. Im Krankenhaus wird der Mann von einem mysteriösen Mönch angegriffen. Reda verfolgt den Mönch, doch dieser kann aufgrund seiner übermenschlichen Kräfte fliehen. Die Wege der beiden Polizisten kreuzen sich und gemeinsam mit der Religionswissenschaftlerin Marie versuchen sie, die „Jünger“ des Jesus-Typen vor dem sicheren Tod durch die Mönche zu bewahren und die Motive hinter den biblischen Morden aufzuklären...
Frankreichs Top-Regisseur Luc Besson schrieb das Drehbuch zur Fortsetzung von Jean-Christoph Grangés Romanverfilmung von 2000. Der Stil des Films ähnelt dem des ersten Teils doch sehr. Spannung, ein wenig Grusel und eine Portion Nervenkitzel sind garantiert. Und natürlich wieder ein paar witzige Dialoge, vor allem im Zusammenhang mit Jean Reno in seiner Rolle als leicht wortkarger Kommissar. Die reiligiöse, christliche Komponente ist allerdings neu und wird immer weitergeführt. Aber leider reicht Die Engel der Apokalypse nicht an den Vorgänger heran. Die äußerlichen Voraussetzungen sind zwar ähnlich, doch ist der Film zu kurz, die Charaktere werden nicht richtig eingeführt und bleiben zumeist blass, wie z.B. der mysteriöse Diplomat Heinrich von Garten, gespielt von Christopher Lee. Die Story wird nicht richtig zu Ende gebracht und der Schluss ist zu schnell und unabgerundet.
Fazit: Spannender, aber leider oberflächlicher Thriller und damit schwächer als der Vorgänger. 6/10.

Marius Joa, 26.04.2004


GERMANIKUS

Komödie Deutschland 2003. Regie: Hanns Christian Müller. 90 Minuten. FSK ab 6.

Mit Gerhard Polt, Gisela Schneeberger, Rufus Beck, Sylviane Aissatou Thiam, Andreas Hoffmann, Moritz Bleibtreu, Anke Engelke, Annette Frier, Tom Gerhardt. Bernhard Hoëcker u.v.a.

Im 1. Jahrhundert nach Christus: Der Sumpfbewohner Hermann aus Germanien wird von Römern gefangen genommen und als Sklave nach Rom verkauft. Die neureiche Patrizierin Tusnelda findet Gefallen an dem stattlichen Mann, befreit ihn und nennt ihn fortan nur noch „Germanikus“. Doch als Germanikus sich in die Sklavin Saba verguckt, nimmt das Unheil seinen Lauf ...
Obwohl Gerhard Polts neuester Film eigentlich schon länger fertig gestellt war, wurde der Kinostart doch aufgrund angeblicher Tonprobleme mehrfach verschoben. Der bayerische Kabarettist spielt nicht nur die Hauptrolle, sondern war auch für das Drehbuch verantwortlich. In seinem typischen, ihm fast eigenen, Genre, der Realsatire, nimmt Polt mit Germanikus das Alte Rom auf die Schippe. Es wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Gedreht wurde, mit vielen deutschen Komikern in Nebenrollen, in den ehrwürdigen Cinecittà Studios in Rom. Da darf auch Polts Filmpartnerin Gisela Schneeberger nicht fehlen. Doch leider sprüht trotz ein paar witziger Gags der Funke nicht so recht über. Dies mag wohl am etwas eigenen Humor von Gerhard Polt liegen. Die prächtige Ausstattung ist eine Augenweide für den Zuschauer und so fragt man sich, wie so ein Film, der mit seinem speziellen Humor eigentlich nicht massentauglich ist, jemals rentabel sein kann.

Fazit: Bayerische Realsatire mit sehr eigenwilligen Humor und nur wenigen echten Lachern. Für Fans des Polt’schen Humors auf jeden Fall sehenswert. Andere werden möglicherweise etwas gelangweilt. 6/10.

Marius Joa, 22.04.2004. mariusjoa@vieraugen.com


KILL BILL: VOLUME 2

Actionthriller USA 2004. Regie: Quentin Tarantino. 136 Minuten. FSK ab 16.

Mit Uma Thurman, David Carradine, Michael Madsen, Daryl Hannah, Gordon Liu, Michael Parks, Perla Haney-Jardine, Christopher Allen Nelson u.v.a.

Die Braut setzt ihren gnadenlosen Rachefeldzug fort. Mussten in Vol.1 Vernita Green und O-Ren-Ishi (und die meisten ihrer Crazy-88-Kämpfer) ihr Leben lassen, so stehen jetzt noch drei auf der Todesliste: Budd (Michael Madsen), der Cowboy-Bruder des Titelgebers, die einäugige und dürre Blondine Elle Driver (Daryl Hannah) sowie der Oberboss himself: Bill (David Carradine), den man nun endlich mal komplett zu Gesicht bekommt. Doch die drei Killer vom „Deadly Viper Assassination Squad“ sind gewarnt. Außerdem hat Bill eine Überraschung, von dem die Braut noch nichts ahnt...
Während Tarantino den ersten Teil  eher als eine Hommage an Samuraifilme gestaltete, so hat Teil 2 seine Wurzeln im Italo-Western. Dies lässt sich vor allem daraus ablesen, dass die Filmmusik zum Großteil aus Stücken von Legende Ennio Morricone besteht. Doch mit der Rolle des gnadenlosen Kung-Fu-Meisters Pai Mei (Gordon Liu), dessen Markenzeichen das genüßliche Streichen seines schneeweißen Bartes ist, wagt der Film auch einen Ausflug ins chinesische Martial-Arts-Genre. Die Originalität hält sich natürlich in Grenzen, und trotzdem ist der Film unterhaltsam und sehenswert. Es herrschen hier nicht mehr die Kampfszenen im übertrieben-blutigen Hurra-Stil des ersten Teils vor, sondern eher die Dialoge und die Beziehung zwischen Bill und der Braut, deren richtigen Namen der Zuschauer dann auch erfährt, stehen im Vordergrund. Herrlich übertriebene Kamereinstellungen, die passend zusammengeklaubte Musik und schwarzer Humor, der teilweise mehr als ein Schmunzeln beim Zuschauer auslöst, sind die Stärken des Films. Enttäuscht mag man möglicherweise sein, dass die Story nicht mehr so spektakulär wie im Vorgänger ist. Quentin Tarantino ließ bereits verlauten, dass es wahrscheinlich einen dritter Teil geben wird.
Fazit: Sehenswerte Fortsetzung des Genre-Mixes, die etwas ruhiger ist. Gewürzt mit schwarzem Humor und untermalt von legendärer Filmmusik. 7/10.

Marius Joa, 09.05.2004


Die Legende im Wachkoma

T r o j a
(Troy)

Historienfilm USA / Großbritannien / Malta 2004. Regie: Wolfgang Petersen.
Inspiriert von Homers Ilias. Musik: James Horner. 156 Minuten. FSK ab 12.

Achilles --- Brad Pitt
Hektor --- Eric Bana
Paris --- Orlando Bloom
Odysseus --- Sean Bean
Andromache ---Saffron Burrows
Briseis --- Rose Byrne
Thetis --- Julie Christie
Glaukos --- James Cosmo
Agamemnon – Brian Cox
Menelaos --- Brendan Gleeson
Patroklos --- Garrett Hedlund
Helena --- Diane Krüger
Ajax --- Tyler Mane
Priamos --- Peter O’Toole
Eudoros --- Vincent Regan
Nestor --- John Shrapnel u.a.

Überzeugt in der Rolle des listigen Odysseus: Sean Bean

Warnung: Diese Filmkritik enthält Spoiler!!!

Was von der Sage übrigblieb
Vor 3200 Jahren: Agamemnon, König von Mykene, hat ganz Griechenland unter seinem Zepter vereinigt. Sein Bruder Menelaos, König von Sparta, schließt mit dem langjährigen Feind Troja Frieden. Ein großes Fest, auf dem die trojanischen Prinzen Hektor und Paris, beschließt den Pakt. Paris jedoch hat eine heimliche, leidenschaftliche Affäre mit Menelaos wunderschöner Frau Helena. Deshalb überredet der Jungspund die unglückliche Königin, mit ihr nach Troja zu kommen. Auf dem Schiff zurück nach Hause, enthüllt Paris seinem Bruder Hektor schließlich sein Geheimnis. Hektor weist seinen Bruder zurecht und erklärt ihm, dass dessen Tat einen weiteren Krieg bedeuten wird. Zuhause angekommen, werden die Reisenden herzlich vom trojanischen König Priamos aufgenommen. Währenddessen entdeckt Menelaos das Verschwinden seiner Frau und bittet Agamemnon, mit ihm in den Krieg zu ziehen. Dem Großkönig kommt der Vorfall natürlich sehr gelegen, war ihm doch die mächtige und unbesiegbare Stadt Troja schon lange ein Dorn im Auge. Und so mobilisieren er und Nestor, der König von Pylos, 1000 Schiffe, die gegen Troja segeln. Doch selbst mit 50000 Mann ist Troja nicht einzunehmen. Also muss der größte Krieger Achilles her. Odysseus schafft es, Achilles, trotz dessen großer Differenzen mit dem machtgierigen Agamemnon, dazu zu überreden, gegen Troja zu ziehen.
Beim ersten Angriff gelingt es, dank Achilles und seinen Myrmidonen, den Strand vor Troja einzunehmen. Bei der Plünderung des Apollon-Tempels wird Briseis, Tempeldienerin und Cousine von Paris und Hektor, gefangen genommen. Nun ist der Krieg endgültig ausgebrochen...

Die Legende soll leben
Mit einem geschätzten Budget von 180 bis 200 Millionen Dollar verfilmte der deutsche Hollywoodregisseur Wolfgang Petersen (Das Boot, Die unendliche Geschichte) das wohl größte Epos der Weltgeschichte. Neben Hollywoodstars und einigen britischen Charakterschauspielern wurde vor allem auf riesige, authentisch wirkende Sets, realistisch-brutale Kampfszenen und  historisch recht detailierte Kostüme und Waffen gesetzt. Da verzeiht man dem Film auch die ziemlich deplatzierte Reitergarde Hektors. Obwohl Warner für die deutsche Fassung ein wenig herausschnitt, um eine FSK-12-Freigabe zu bekommen, ist der Film doch recht brutal und deshalb weniger für ein so junges Publikum geeignet. Eine gewisse Brutalität bei einem solchen Film ist jedoch durchaus angebracht. Das ganze Drumherum wirkt also recht authentisch und die am Computer erstellte griechische Armada von 1000 Schiffen ist durchaus beeindruckend. Eigentlich eine gute Basis für eine gute Geschichte.

Wiederbelebungsversuch...
Doch diese Basis wird leider nicht genutzt. Denn die Geschichte entfernt sich einerseits zu sehr von der Sage und wird dem Zuschauer auch noch ohne wirklichen Tiefgang vorgesetzt. Was noch von der Vorlage übrig ist (es fehlen wichtige Charaktere und Handlungselemente), wird durch den hollywoodeigenen Fleischwolf gedreht. Das Weglassen der Götter, aufgrund der Ambition einen möglichst realistischen Film zu machen, kann man Drehbuchautor David Benioff zwar noch verzeihen, aber die anderen Änderungen nicht wirklich. Es herrscht zuviel hollywoodtypische Schwarz-Weiß-Malerei vor, denn Agamemnon und Menelaos, im Film zwei übergewichtige Frührentner, werden zu böse dargestellt. Menelaos muss schließlich einen vollkommen sinnentleerten Tod sterben (spätestens hier war der Film für mich nicht mehr zu genießen). Auch der als machthungrige und menschenverachtende Superbösewicht dargestellte Agamemnon darf Trojas Mauern nicht lebend verlassen. Ihm darf Briseis ein Messer in die Kehle rammen, mit dem sie vorher Achilles töten wollte.

...gescheitert
Briseis, in der Sage eine von Achilles bei einem seiner Beutezüge um Troja verschleppte Königstochter aus Lyrnessos, gibt hier im Film eine Mischung aus ihrem eigentlichen Charakter und den weggelassenen Chryseis und Kassandra. Sie ist die Cousine von Hektor und Paris, Tempeldiener und treibt sich zu oft dort herum, wo sie eigentlich nichts zu suchen hätte: in Troja, im Apollon-Tempel und am Ende wieder in Troja. Außerdem darf sie Achilles sagen, was er doch für ein böser Junge ist. Paris, der Frauenheld des Films, ist zu sehr auf seine Rolle als Feigling beschränkt. Sein Egoismus kommt im Film fast überhaupt nicht zur Geltung. Um das Hollywood-Dogma zu erfüllen, darf er auch am Leben bleiben und aus der brennenden Stadt fliehen. Der große Ajax von Salamis, der hünenhafte Held der Griechen darf zwei Sätze sagen, bevor er schließlich viel zu früh stirbt. Kein heldenhafter Selbstmord als Schmach über seinen Wahnsinn, nichts. Wenigstens ist sein Zweikampf mit Hektor der spektakulärste im ganzen Film. Dass sich die Story hauptsächlich auf Achilles und sekundär auf Hektor konzentriert, wodurch leider viel Zeit für anderes verloren geht, ist keinesfalls als Vorwurf zu sehen, doch hätte der Film dann besser nicht Troja heißen sollen. Während der Krieg laut der Sage zehn Jahre dauert, haben wir es im Film mit einem ca. zweiwöchigen Blitzkrieg zu tun.

Achilles, Hektor & Co
Die Besetzung besteht zum großen Teil aus nahmhaften Schauspielern sowie einigen noch unbekannten Gesichtern. Brad Pitt kann in der Rolle Achilles’, des größten Kriegers aller Zeiten, nicht ganz überzeugen. Perfekt durchtrainiert, bringt Pitt zwar die enorme Kampfeskunst des Griechen zur Geltung, doch die emotionale Seite wird nur unzureichend gezeigt und so bleibt Achilles nur ein aalglatter Typ in seinem egoistischen Streben nach Ruhm. Eric Bana schafft dagegen schafft es, Hektor Leben einzuhauchen. Hektors Pflichtgefühl, seine Aufopferung für seine Heimat und die Liebe zu seiner Familie werden dem Zuschauer recht nahegebracht. Orlando Bloom liefert zwar wiedermal keine schauspielerischen Glanzlichter ab, weiß aber dennoch irgendwie als feiger Paris zu überzeugen. Leider wird er im Laufe des Films immer mehr zu Nebenfigur degradiert. Selbiges gilt für Helena, die sehr authentisch von Diane Krüger gespielt wird. Die Deutsche weiß auch durch optische Schönheit zu überzeugen. Doch die Rolle der schönsten Frau der Welt geht im Kampfgetümmel des Films fast vollkommen unter. Auch wenn Brian Cox als Agamemnon und Brendan Gleeson als Menelaos optisch nicht in die Rollen der beiden Atreidenbrüder passen, so liefern sie doch eine recht passable Darstellung ab. Nur schade, dass Agamemnon auf die Rolle des Bösen beschränkt wird. Peter O’Toole überzeugt als greiser Trojanerkönig Priamos vor allem durch seine optische Präsenz und seine eindringliche Mimik. Julie Christie, die Achilles’ Mutter Thetis spielt, die im Film keine unsterbliche Meernymphe ist, ist leider nur in einer kurzen Szene zu sehen. Saffron Burrows macht ihre Sache als Hektors Gattin Andromache in ihren wenigen Szenen auch recht gut. Herausragend ist Sean Bean. Er verkörpert den listig-taktierenden und gewitzten Odysseus fast perfekt. Bean schafft es, seine starken Leistung als Boromir in der Herr-der-Ringe-Trilogie sogar noch zu toppen.

Antikes Flickwerk
Kommen wir nun zum Drehbuch von einem gewissen David Benioff. Der gebürtige New Yorker, ein noch recht unbeschriebendes Blatt in der Traumfabrik, wagte es doch glatt, gleich sein zweites Drehbuch dem Trojanischen Krieg zu widmen. Was dabei rausgekommen ist, ist in fast jeder Hinsicht schwach. Benioff hat nicht nur weite Teile der Sage weggelassen oder umgekrempelt, sondern fehlt seiner Version auch Tiefgang. Trotz der Entfernung von der Sage versucht Benioff noch möglichst viele Stückchen mit einzubringen und so verkommt die Story zu einem oberflächlichen antiken Flickwerk. Deswegen kann kaum einer der Charaktere Tiefe entwickeln. Wirklichen Tiefgang gibt es weder bei der „Liebesgeschichte“ von Achilles und Briseis noch bei anderen Szenen. Die tieferen menschlichen Interaktionen verschwinden hinter dem Kampfgetümmel und den anderen Szenen. Die Dialoge sind meist zu flach und eher Durchschnittsware. Die besten hat man bereits in den verschiedenen Trailern gehört. Es fehlt hier eindeutig eine Spur Pathos, um die Dialoge den Anforderungen einer solchen Vorlage anzupassen.

Musik zum Heulen
Zusäzlich zum schwachen Drehbuch kommt ein weiterer dicker Minuspunkt hinzu: die Musik. Der ursprüngliche Filmkomponist Gabriel Yared wurde, nachdem er bereits fast ein Jahr am Score gearbeitet hat, gefeuert, weil sein Score angeblich zu altmodisch sei. Kurzfristig engagierte man James Horner, der in 13 Tagen neue Musik komponierte. Leider merkt man es dem Score auch an, dass er in so wenig Zeit geschrieben wurde. Alles recht lieblos und ohne Emotionen zusammengezimmert. Und zumeist herrscht das Geheule der Sängerin Tanja Tzarovska vor, das dem Zuschauer nach einiger Zeit ziemlich auf die Nerven geht, da es eher nach unkontrollierten Rumgejammere als nach Wehklagen klingt. Man könnte fast meinen, das Heulen komme von Homer, der aus seinem Grab darüber klagt, was Hollywood aus seiner Ilias gemacht hat. Der Titelsong „Remember“, der von einem gewissen Josh Groban und oben genannter Heulboje gesungen wird, ist wenigstens annehmbar, wenn auch wenig spektakulär.

In den Sand gesetzt
Troja versagt sowohl auf mythologischer als auch auf filmischer Ebene. Das schwache Drehbuch und die lahme Musik sorgen für eine Geschichte ohne Tiefgang, die den Zuschauer fast völlig kalt lässt. Hier wurde sehr viel Potential verschenkt und 200 Millionen Dollar in den (maltesischen und mexikanischen) Sand gesetzt. Bis auf wenige gute Ansätze einfach enttäuschend. Der Film wird der Sage nicht annähernd gerecht. Die Legende, die laut Slogan zum Leben erweckt werden sollte, befindet sich nur im Wachkoma. 5/10.
Vielleicht wird durch den Film das Interesse manchner, sich näher mit dem Stoff zu befassen, geweckt. Doch werden wohl viele Kinozuschauer, nachdem sie den Film gesehen haben, denken, sie würden die Sage vom Trojanischen Krieg kennen.

Nachtrag:
Die ursprüngliche Filmmusik von Gabriel Yared kann man sich auszugsweise auf
www.gabrielyared.com anhören.

Marius Joa, 21.05.2004.

Zweite Filmkritik zu “Troja”


Kampfmaschine Brad Pitt

Wolfgang Petersens „Troja“ wird schon als Monumentalfilm gefeiert

Im zwölften Jahrhundert vor Christi Geburt: Der trojanische Königssohn Paris (Orlando Bloom) entführt die spartanische Königin Helena (Diane Kruger) in seine Heimat. Helenas Onkel Agamemnon und ihr Ehemann Menelaos stellen daraufhin eine gigantische griechische Armee auf, um sie zurückzuholen. Schnell geht es für Agamemnon aber um weit mehr: er will Troja unterwerfen und die Macht an sich reißen.
Bei der Belagerung – die in der antiken Vorlage Homers einen Zeitraum von zehn Jahren umfasst, im Film aber nur knapp zwei Wochen – tun sich besonders zwei Helden hervor: auf trojanischer Seite Hector (Eric Bana) und auf der griechischen Achilles (Brad Pitt). Nach dem Scheitern der ersten griechischen Offensive ersinnen die Hellenen eine List. Mit Hilfe eines riesigen selbst gebauten Holzpferdes, in dessen Bauch sich die besten Krieger der Griechen verbergen, gelangen sie unentdeckt hinter die Stadtmauern Trojas. Binnen derselben Nacht wird die Stadt dem Erdboden gleichgemacht.
„Troja“ bringt dem Zuschauer, schon allein durch die überzeugende wirkenden Kulissen, den homerischen Sagenstoff näher. Unvermeidlich für eine typische Hollywood-Produktion sind Abstriche, die sich auch in „Troja“ finden. Sei es die schon erwähnte Dauer des Krieges oder die übermäßige Akzentuierung des Heldentums. Brad Pitt als Achilles verkörpert den Prototypen einer „muskelbepackten (Hollywood-)Kampfmaschine“. Die Dialoge unterstreichen diese Wirkung nur weiter und lassen Achilles größtenteils unsympathisch wirken. Dieses Bild spiegelt sich nahezu in allen griechischen Figuren wider, die Trojaner hingegen werden in deutlich positiverem Licht gezeichnet.
Technisch gesehen kann der Film Akzente setzen. Beeindruckend erscheint die auf Troja zusegelnde Flotte der Griechen, das Ausmaß der Streitkräfte bei der Belagerung und die brennende Stadt gegen Ende des Films.
Fazit: Ein Monumentalfilm ist Wolfgang Petersens „Troja“ nicht. Er weiß aber durchaus zu unterhalten und ist auf jeden Fall sehenswert. 7/10.

Birgit Göckel / Johannes Michel, 20.05.2004.

Unsere Kino-Vorschau zu Troja

Troja
Preview

Große Monumentalfilme sind wieder im Kommen. Durch dem Erfolg von Filmen wie Gladiator und der Herr der Ringe-Trilogie wurden große Türen, die längst als verschlossen galten, wieder weit aufgestoßen. Große Epen haben den Weg zurück auf die Kinoleinwand gefunden. Im November kommt Alexander der Große von Oliver Stone in die Lichtspielhäuser, ein weiterer Film über den makedonischen Eroberer ist von Baz Luhrmann geplant. Außerdem verfilmte Uli Edel die Nibelungen-Sage fürs Fernsehen, die voraussichtlich im Dezember zu sehen sein wird. 
Doch bereits im Mai startet Troja, die Verfilmung des größten Epos der Weltgeschichte. Und Regie führte kein geringer als Deutschlands Hollywood-Export Wolfgang Petersen. Das Darsteller-Ensemble besteht aus Stars, die fast alle aus der englisch-sprachigen Welt kommen, der Amerikaner Brad Pitt (40), der Australier Eric Bana (35), die Engländer Orlando Bloom (27), Sean Bean (45) und Julie Christie (63), die Schotten Brian Cox (57) und James Cosmo (56), die Iren Peter O’Toole (71) und Brendan Gleeson (48) und andere. Für die Rolle der Helena, der schönsten Frau der Welt, engagierte Petersen jedoch mit Diane Krüger, dem Ex-Model aus Niedersachsen, eine Landsfrau. Laut Gerüchten hätten auch Julia Roberts und Nicole Kidman Interesse an dieser Rolle gezeigt.
Von April bis Dezember 2003 fanden die Dreharbeiten in London (Innenaufnahmen), auf Malta und in Mexiko statt. Die Produktion, die geschätzte 150 bis 200 Millionen Dollar verschlang, stand unter keinem guten Stern. Bei den Dreharbeiten auf Malta starb ein Stuntman an den Folgen seiner Beinverletzungen, das Set in Mexiko wurde von zwei Hurrikans heimgesucht und teilweise zerstört. Ironie des Schicksals: Achilles-Darsteller Brad Pitt verletzte sich an der Achillessehne und so mussten wichtige Kampfszenen verschoben werden. Turbulent ging es auch in Sachen Filmmusik zu: nachdem Gabriel Yared bereits ein Jahr lang am Score gearbeitet hatte, verwarf Regisseur Petersen diesen und engagierte kurzfristig James Horner (Titanic), der nur noch zwei Monate Zeit hatte, die Filmmusik zu schreiben. Was dabei rauskommt, wird sich am 13. Mai zeigen, wenn der Film in Deutschland startet. Die Weltpremiere findet am 9. Mai in Berlin statt und neben dem Regisseur haben sich Brad Pitt, Diane Krüger, Eric Bana und Rose Byrne angekündigt. Zur Feier des Tages wurde vor dem Cine-Star-Kino am Potsdamer Platz ein 12 Meter hohes Trojanisches Pferd aufgebaut, das dem aus dem Film doch sehr ähnelt.
Ob Petersen, Drehbuchautor David Benioff und die restliche Filmcrew dem größten Epos der Weltgeschichte ein filmisches Denkmal setzen, wird sich ab 13. Mai zeigen. Die Teenies werden jedenfalls wegen ihrer Lieblinge scharenweise ins Kino strömen.

Im Folgenden werden die wichtigsten  Charaktere und deren Darsteller vorgestellt: 

Griechen:

Helena – Diane Krüger
Helena, Königin von Sparta, gilt als die schönste Frau der Welt und mit dem Atreiden Menelaos verheiratet. Als der junge trojanische Prinz Paris nach Sparta kommt, verlieben sich die beiden ineinander. Da Helena mit ihrem Mann nicht so sehr glücklich ist, brennt sie mit Paris nach Troja durch und löst dadurch den Trojanischen Krieg aus.
Diane Krüger studierte in London Ballett, als ein Unfall ihre Karriere beendete. Nach ihrer Tätigkeit als Model wurde Diane Schauspielerin und drehte u.a. den Film The Piano Player mit Dennis Hopper und Christopher Lambert. Die 27jährige ist seit 2001 mit dem französischem Schauspieler Guillaume Canet (Vidocq) verheiratet.

Menelaos – Brendan Gleeson
Menelaos, der Bruder von Agamemnon, dem König von Mykene, hat durch seine Heirat mit Helena, das Königreich Sparta gewonnen. Als Helena mit Paris durchbrennt, bittet Menelaos seinen Bruder um Hilfe. Dieser sendet eine gewaltige Flotte gen Troja.
Brendan Gleeson wurde am 9. November 1955 geboren. Der gebürtige Ire hat sich vor allem durch Nebenrollen einen Namen gemacht, u.a. in Braveheart, Mission: Impossible 2, Der Schneider von Panama, Gangs Of New York und zuletzt in Unterwegs nach Cold Mountain.

Agamemnon – Brian Cox
Agamemnon ist nicht nur der Herrscher über Mykene, sondern auch der Großkönig über Griechenland. Als die Frau seines Bruders Menelaos „geraubt“ wird, bittet dieser Agamemnon um Hilfe. Gemeinsam mit den größten Kriegern und vielen Fürsten ziehen die Atreiden-Brüder Menelaos und Agamemnon gegen Troja.
Brian Cox, geboren am 1. Juni 1946 in Dundee, Schottland, hat bereits eine eindrucksvolle Karriere hinter sich. So spielte er u.a. Dr. Hannibal Lector in der Originalverfilmung von Roter Drache. Außerdem war der 57jährige Schotte in Braveheart, Die Bourne Identität, The Ring, Adaption, 25 Stunden und X-Men 2 zu sehen.

Odysseus – Sean Bean
Odysseus ist der Fürst des Inselstaates Ithaka. Gegen seinen Willen nehmen in Agamemnon und Menelaos zum Krieg gegen Troja mit. Durch seine List gelingt den Griechen am Ende der Sieg. Doch auf den Laërtes-Sohn warten noch jahrelange Irrfahrten.
Sean Bean wurde am 17. April 1959 in Sheffield, England geboren. Was Stunts angeht, scheute der 45jährige niemals die Gefahr. In Die Stunde der Patrioten verletzte ihn Filmpartner Harrison Ford über dem linken Auge, woher auch Beans Narbe stammt. Neben Rollen in Fernsehfilmen wie Lady Chatterley und Scarlett spielte der Engländer in James Bond: GoldenEye, Anna Karenina, Ronin und Equilibrium. Am bekanntesten wurde er aber wohl durch die Verkörperung des Boromir in der Herr der Ringe-Trilogie.

Achilles – Brad Pitt
Achilles ist der größte Krieger seiner Zeit, doch gleichzeitig auch an Arroganz kaum zu überbieten und ein unmenschlicher Schlächter. Ihm ist ein kurzes aber ruhmreiches Leben prophezeit. Als Agamemnon im die Sklavin Briseid wegnimmt, reagiert Achilles beleidigt und bleibt mit seinem Truppen dem Kampf fern. Doch als Patroklos, sein Vetter und bester Freund, von Hektor getötet, mutiert Achilles zur gnadenlosen Rachemaschine und metzelt Hektor nieder.
Brad Pitt dürfte wohl der bekannteste Darsteller im Film sein. Am 18. Dezember 1963 in Oklahoma, USA, geboren, wurde der 40jährige vor allem durch Filme wie Interview mit einem Vampir, Sieben, Twelve Monkeys, Rendezvous mit Joe Black, Snatch oder Fight Club berühmt. Derzeit dreht Pitt den Agentenfilm Mr. And Mrs. Smith.



Patroklos – Garret Hedlund
Patroklos ist der Cousin und gleichzeitig der beste Freund von Achilles. Als er im Zweikampf mit Hektor getötet wird, schwört Achilleus blutige Rache und tötet Hektor.
Garret Hedlund, das junge Model aus Minnesota, ist in der Filmwelt noch völlig unbekannt und bestreitet mit Troja seine allererste Rolle.

 


Ajax – Tyler Mane
Ajax von Salamis ist der gewaltigste Krieger der Griechen. Mit seine riesigen Statur flößt er seinen Gegnern gehörig Respekt ein. Nach Achilles’ Ende befällt Ajax schließlich der Wahnsinn.
Tyler Mane, bürgerlich Daryl Karolat, ist ein ehemaliger bekannter Profiwrestler. Der 2,08 m große Hüne dürfte manchen als Mutant Sabretooth aus X-Men bekannt sein.

 


Nestor – John Shrapnel
Der greise König von Pylos ist weiser Berater der Griechen im Krieg gegen Troja. Vergeblich versucht er den Streit zwischen Achilles und Agamemnon zu schlichten.
John Shrapnel wurde 1942 in Birmingham, England, geboren. Hierzulande ist der Brite zwar eher unbekannt, spielte jedoch schon in Filmen wie 101 Dalmatiner, Notting Hill, Das 10. Königreich und Gladiator mit.

 

Thetis – Julie Christie
Thetis, eine unsterbliche Meernymphe, ist die Mutter des Achilles. Vergeblich versucht sie ihren Sohn, vor seinem Schicksal zu bewahren, einen ruhmvollen Tod in der Schlacht zu sterben. Achilles klagt ihr sein Leid, als Agamemnon ihm Briseis weggenommen hat.
Julie Christie, geboren 1941 in Indien, wurde vor allem durch die Klassiker Doktor Schiwago und Wenn die Gondeln Trauer tragen weltberühmt. Die Engländerin spielte noch in vielen weiteren Filmen wie Fahrenheit 451, Dragonheart und in Kenneth Branaghs Adaption von Shakespeares Hamlet mit.


Trojaner:

Paris – Orlando Bloom
Paris ist der Sohn von Priamos, dem König von Troja. Als er Helena von Sparta trifft, verliebt er sich unsterblich in sie und die beiden fliehen. Paris löst damit den Trojanischen Krieg aus und bringt seiner Heimatstadt großes Unglück.
Ohne Zweifel ist Orlando Bloom, am 13. Januar 1977 in Canterbury, England, geboren, der derzeit gefragteste Shootingstar Hollywoods. Nach der Schauspielschule wurde der damals 22jährige direkt von Peter Jackson als Elb Legolas in der Herr der Ringe-Trilogie engagiert. Diese Rolle machte Orlando weltberühmt und seitdem kann er sich vor Angeboten kaum retten. Außerdem spielt Bloom noch in Black Hawk Down, Fluch der Karibik, Ned Kelly und The Calcium Kid. Demnächst ist Orlando außerdem noch in Haven, Kingdom of Heaven und 2006 in der Fortsetzung von Fluch der Karibik zu sehen.


Hektor – Eric Bana
Hektor ist der ältere Bruder von Paris. Er hasst Krieg, doch sein Pflichtgefühl bringt ihn dazu, seine Heimatstadt bis zum letzten Atemzug zu verteidigen. Nachdem er Patroklos getötet hat, wird er vom wahnsinnigen Achilles niedergemetzelt.
Eric Bana, geboren am 9. August 1968 in Melbourne, ist der Sohn eines Kroaten und einer Deutschen. Nach einer Karriere als Stand-Up-Comedian in Australien, spielte Bana in Filmen wie Black Hawk Down und Hulk.


Priamos – Peter O’Toole
Priamos ist der alte König von Troja. Er gilt als weise und gerecht. Als Paris Helena aus Sparta mit sich bringt, nimmt Priamos sie wie eine Tochter auf.
Peter O’Toole, geboren am 2. August 1932 in Irland, ist einer der ganz Großen im Filmgeschäft. Weltberühmt wurde er in seiner Rolle als T. E. Lawrence in Lawrence von Arabien. Außerdem war der 71jährige u.a. in Der Löwe im Winter, Der letzte Kaiser und Mein Vater, der Kaiser zu sehen. 2003 erhielt O’Toole den Ehrenoscar für sein Lebenswerk, nachdem er zuvor siebenmal für den Preis nominiert war, jedoch nie gewinnen konnte.


Glaukos – James Cosmo
Glaukos aus Lykien ist ein Verbündeter Trojas und hilft bei der Verteidigung der Stadt. Er stirbt im Zweikampf mit dem gewaltigen Ajax.
Der Schotte James Cosmo, geboren 1948, spielt wegen seiner imposanten Statue meist kräftige Typen. Im Kino war er meist nur in Nebenrollen zu sehen, wie in Highlander, Trainspotting und an der Seite von Mel Gibson in Braveheart.

 


Andromache – Saffron Burrows
Andromache ist die Gattin Hektor. Sie bittet ihren Ehemann vergeblich, nicht sein Leben in der Schlacht zu riskieren und sie und den gemeinsamen Sohn Astyanax allein zu lassen.
Nach ihrer zweijährigen Modelkarriere entschied sich die am 1. Januar 1973 geborene Engländerin mit 17 Schauspielerin zu werden. Zu ihren bekanntesten Filmen zählen  Wing Commander, Deep Blue Sea, Enigma  und Frida.


Briseis – Rose Byrne
Briseis ist die Tochter eines Königs deren Stadt Achilles bei seinen Raubzügen um Troja zerstört hat. Dadurch geht sie als Sklavin in Achilles’ Besitz über, der sie gut behandelt und zu seiner Geliebten macht. Doch weil der große König Agamemnon Briseis auch begehrt, kommt es zum großen Streit zwischen ihm und Achilles.
Rose Byrne, geboren 1979 in Sydney, Australien,  ist noch recht unbekannt. Ihre einzige Rolle in einem Hollywoodfilm ist die der Zofe Dormé in Star Wars: Episode II- Angriff der Klonkrieger.


Mehr Infos zum Film gibt’s unter
www.dertrojanischekrieg.de.

Alle bisherigen Trailer kann man sich unter folgendem Link downloaden:
http://www.elflady.com/legolasgreenleaf/multimedia/troyclips.htm.

Marius Joa, 02.05.2004.


Van Helsing
Universals Monsterparade

Gruselabenteuer USA/Tschechische Republik 2004. Regie: Stephen Sommers. Musik: Alan Silvestri. 132 Minuten. FSK ab 12.

Mit Hugh Jackman, Kate Beckinsale, Richard Roxburgh, David Wenham. Shuler Hensley, Elena Anaya, Will Kemp, Kevin J. O’Connor, Silvia Colloca, Josie Maran, Robbie Coltrane, Samuel West u.a.

1888: Vom Vatikan wird Monsterjäger Van Helsing nach Transsylvanien geschickt, um Prinzessin Anna Valerious, die selbst aus einer berühmten Familie von Monsterjägern kommt, im Kampf gegen Graf Dracula zu unterstützen. Schnell wird klar, dass sich Van Helsing auch auf eine Reise begibt, die ihm sein verlorenes Gedächtnis wiederbringen kann...
Stephen Sommers, der Experte für anspruchsloses Popcornkino (Die Mumie) liefert mit seinem neuesten Streifen den ersten Blockbuster des diesjährigen Kinosommers ab. In einer fast ein Jahr lang dauernden Nachproduktion schufen die Effektekünstler von Industrial Light & Magic ein Dauerfeuerwerk von beeindruckenden Effekten, in dem sich die großen Filmmonster der Universal Studios, nämlich Graf Dracula, Frankensteins Monster und der Wolfsmensch, die Ehre geben. Wozu einem solchen CGI-Spektakel noch reale Schauspieler nötig sind, könnte man sich durchaus berechtigterweise fragen. Denn bis auf Richard Roxburgh (Moulin Rouge!, LXG) als herrlich überzeichneten Vampirfürsten Dracula sind alle Darsteller wenig berauschend. Hugh Jackman kann in der Titelrolle nicht wirklich überzeugen, scheint er doch in seiner Rolle als Wolverine aus X-Men 2 zu sehr gefangen. David Wenham, der noble und ernste Faramir aus Der Herr der Ringe muss hier die Q-ähnliche Rolle des ängstlich-vertrottelten Mönches Carl spielen, die als absolute Witzfigur abgestempelt wird. Und die angeblich ach so hinreißende Kate Beckinsale verkörpert die vom Schicksal arg geplagte, aber nimmermüde Heldin Anna, bei deren extrem klischeebeladenem Charakter man sich wünscht, dass die bösen Vampire bei ihren Tötungsversuchen möglichst schnell Erfolg haben, damit die Dame endlich das Zeitliche segnet. Die Beckinsale trägt übrigens ein Kostüm, dass jede noch so perverse SM-Domina als zu schmerzhaft und zu abartig ablehnen würde. Die platten Dialoge und die dümmlich-gruselige Synchronisation tun ihr übrigens zur schwachen darstellerischen Leistung. Außerdem ist es schwer, bei den sich ständig verwandelnden Kreaturen, die Schauspieler überhaupt zu erkennen.
Eine Story ist kaum vorhanden und so abenteuerlich, dass man sie besser nicht mit Logik hinterfragen sollte. An unrealistischen Szenen, vor allem in Bezug auf die technischen Gerätschaften des Herrn Van Helsing (Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen lassen hier deutlich grüßen!), und Dei-Ex-Machinae ist der Film auch nur schwer zu überbieten.
Die Effektelastigkeit ist gravierend. Es vergeht kaum eine Sekunde, in der nicht irgendein computergenerierter Effekt zu sehen ist. Diese sind jedoch meist beeindruckend und auch die Schockeffekte zeigen ihre Wirkung. Leider mangelt es Van Helsing an Originalität und so bedient sich der Streifen fleißig bei anderen Filmen wie Star Wars, Der Name der Rose, Sleepy Hollow, Fluch der Karibik, Matrix oder auch X-Men 2.
Was alle aufgeführten Mängel nicht verhehlen können: das Machwerk ist unterhaltsam und in gewisser Hinsicht auch mitreißend, was vor allem an den wirklich beeindruckenden visuellen Effekten und der bombastischen Musik von Alan Silvestri liegt. Silvestri versteht es, ein großes Orchester und einen epischen Chor zu einem wirklich fesselnden Ergebnis zu vereinen und ständig das Tempo aufrecht zu erhalten. Der Soundtrack, der am 10. Mai erscheint, ist deshalb eigentlich eine Pflichtanschaffung für jeden Fan großer Filmscores.
Fazit: Unterhaltsames Popcornkino mit tollen Effekten und mitreißender Musik. An Klischees, blassen Darstellern, einer hanebüchenen und unrealistischen Story aber wohl kaum zu überbieten. 5/10.

Marius Joa, 09.05.2004


“Verbrennt nicht Nietzsche, sondern unser Steuerrecht”

THE DAY AFTER TOMORROW

Actionthriller, USA 2004, 123 Minuten, FSK ab 12
Mit: Dennis Quaid, Jake Gyllenhaal, Emmy Rossum, Dash Mihok, Jay O. Sanders, Sela Ward, Austin Nichols, Arjay Smith, Tamlyn Tomita, u.a.; Regie: Roland Emmerich

Weil die Welt jahrelang nicht auf Leute wie den Paläoklimatologen Adrian Hall (Dennis Quaid) und die beständigen Warnungen vor den dramatischen Folgen einer globalen Erwärmung hören wollte, peitschen nun Wetterkatastrophen und die Vorboten einer neuen Eiszeit mit Macht auf die angstschlotternde Menschheit hernieder. Statt wie alle anderen gen Süden zu fliehen, macht sich Hall auf nach New York, um seinen Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) aus dem verschneiten New York zu bergen und, falls möglich, einen Ausweg aus dem Desaster aufzuzeigen.

Endzeit- beziehungsweise Katastrophenfilme sind die Spezialität von Roland Emmerich. Jeder wird sich noch daran erinnern, wie er ein „Independence Day“ Aliens auf die Erde schickte, um die Menschheit auszulöschen. Diesmal ist die Katastrophe aber nicht extraterrestrisch, sondern hausgemacht. Kein Politiker nimmt die Ansprachen von Klimatologe Hall wahr, der seine Eiszeit allerdings frühestens in etwa einhundert Jahren prophezeit. Das die Katastrophe dann doch viel schneller als erwartet eintrifft – damit hatte selbst er nicht rechnen können. Besonders negativ dargestellt wird die US-Regierung, vertreten durch den Vizepräsidenten, der wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt und die Kosten für den Klimaschutz als unbezahlbar darstellt.
„The day after tomorrow“ weist die typischen Stärken und Schwächen eines Hollywood-Actionspektakels auf. Die Effekte sind erstklassig, die Schauspieler wirken überzeugend – insbesondere Dennis Quaid in der Rolle des Adrian Hall. Die auf New York zurasende Flutwelle reist den Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes mit, die Soundeffekte unterstreichen die aufkommende Stimmung sehr gut. Dem entgegen stehen aber viele konstruierte Szene und unlogische Vorkommnisse. Beispiel: Sam und seine Freunde verschanzen sich vor der Flutwelle in der New Yorker Stadtbibliothek. Wie aus heiterem Himmel fährt plötzlich ein Ozeankreuzer quer durch die breiten Straßen der Stadt und macht in der Nähe der Bibliothek halt. Auf der Suche nach Verpflegung begeben sich die Freunde auf das Schiff – mit Taschenlampen. Woher haben sie diese? Auf dem Schiff befindet sich keine Besatzung, weder tot (also erfroren, da die Eiszeit am Aufkommen ist) noch lebendig. Wo ist diese hingekommen?
Dennoch: Wer einen netten Kinoabend verbringen möchte und gleichzeitig etwas ernsthaftere Unterhaltung schätzt, der sollte sich Roland Emmerichs neuestes Werk unbedingt anschauen. Schon allein wegen eines Spruches: In der Bibliothek beginnen die Freunde, Bücher zu verbrennen, um sich warmzuhalten. Dabei stoßen sie auf ein Werk Nietzsches. Während sich der eine weigert, es zu verbrennen, sucht ein anderer weitere Bücher und meint dann: „Hier unten steht unser Steuerrecht. Das können wir verbrennen.“ – sicher eine sinnvolle Tat. Zu Recht wird deutliche Kritik an der Regierung geübt, die falsch und vor allem viel zu spät reagiert.

Daher: 8/10 Punkten (inklusive speziellem “Roland-Emmerich-Bonus” )

Johannes Michel, 06. Juni 2004


Der Wixxer

Nach keinem Roman von Edgar Wallace

Krimiparodie Deutschland 2004. Regie: Tobi Baumann. 85 Minuten. FSK ab 12.

Darsteller: Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka, Tanja Wenzel, Olli Dittrich, Anke Engelke, Thomas Fritsch, Christoph M. Herbst, Thomas Heinze, Oliver Welke, Wolfgang Völz u.v.a.

Die ganze Unterwelt Englands erzittert vor einem mysteriösen Gegner: dem Wixxer, der reihenweise die berüchtigsten Verbrecher, wie z.B. den Mönch mit der Peitsche, um die Ecke bringt. Chief Inspector Even Longer (Kalkofe) bekommt von Scotland-Yard-Chef Sir John (Völz) seinen neuen Partner Very Long (Pastewka) zur Seite gestellt. Gemeinsam sollen sie das Rätsel um die Identität des Wixxers lösen, der Even Longers Kollegen Rather Short (Heinze) auf dem Gewissen hat. Augenzeuge Dieter Dubinsky (Dittrich) hat gemeinsam mit seiner Frau, die verschwunden ist, den Mord am Mönch beobachtet. Die Spur führt zum Schloß Blackwhite, das komplett in Schwarz-Weiß ist und dem Earl of Cockwood (Fritsch), der einen blühenden Handel mit Girlgroups ins Ausland betreibt...

Deutschlands schärfster TV-Satiriker Oliver Kalkofe hat sich einen Kindheitstraum erfüllt und mit seinen Kumpels Bastian Pastewka und Oliver Welke das Drehbuch zur Edgar-Wallace-Parodie Der Wixxer geschrieben. Kalkofe und Pastewka spielen das unfreiwillige Polizisten-Duo Even Longer und Very Long, Welke den vertrottelten Gerichtsmediziner. Weder Kosten noch Mühen wurden bei den Dreharbeiten in Prag und bei der Nachproduktion gescheut und so glänzt der Film mit einem Staraufgebot: Wolfgang Völz (der früher selbst in Wallace-Krimis spielte), Thomas Fritsch, Thomas Heinze und die Comedystars Anke Engelke, Olli Dittrich sowie Christoph M. Herbst als Butler Hatler mit Führungsqualitäten. Außerdem setzten die Macher auf aufwendige Kulissen und Spezialeffekte, um das England der alten Schwarz-Weiß-Filme zu neuem Leben zu erwecken. Heraus kam ein witziger und recht unterhaltsamer Blödelkrimi, der nicht nur die alten Verfilmungen von Wallace-Romanen auf die Schippe nimmt, sondern auch Filme wie E.T.-Der Außerirdische oder Matrix. Zum Totlachen ist der Film nicht, dennoch erschüttert er das Zwerchfell doch gehörig, was vor allem an der herrlichen Situationskomik und den perfekt getimten Verfremdungseffekten liegt. Außerdem werden Klischees und Theatralik herrlich übertrieben. Selten begeben sich die Gags unter die Gürtellinie, auch wenn es der Titel vermuten lässt. Selbst wer die ganzen Anspielungen auf die alten Edgar-Wallace-Filme nicht ganz versteht, dürfte hier trotzdem auf seine Kosten kommen.

Fazit: Witzige Parodie auf die alten Wallace-Krimis. Für Comedy-Fans ein Muss. 7/10.

Marius Joa, 22.06.2004


Harry Potter und der Gefangene von Askaban
(Harry Potter And The Prisoner Of Azkaban)

Fantasyfilm USA/Großbritannien 2004. Regie: Alfonso Cuáron. Nach J. K. Rowling. 141 Minuten. FSK ab 12. Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Robbie Coltrane, Julie Christie, Tom Felton, Michael Gambon, Gary Oldman, Alan Rickman, Maggie Smith, Timothy Spall, David Thewlis, Emma Thompson u.v.a.

Obwohl Harry seine fiese Tante verhext und damit gegen die Regeln von Hogwarts verstoßen hat, wird er zu Beginn des neuen Schuljahrs wie ein rohes Ei behandelt. Der Grund: Sirius Black, der Schwerverbrecher, der Harrys Eltern an Lord Voldemort ausgeliefert haben soll, konnte nach 12 Jahren aus dem ausbruchsicheren Gefängnis Askaban fliehen und nun will er Harry töten. Als Harry sich schließlich von einem schwarzen Hund verfolgt sieht und Professor Trelawney, die Lehrerin für Wahrsagerei, dies als Omen für Harrys sicheren Tod sieht, gerät die Welt des Zauberlehrlings aus den Fugen. Zu allem Überfluß spuken in Hogwarts auch noch die Dementoren, Wächter von Askaban, die Sirius Black finden sollen und jedem der ihnen zu nahekommt, das Leben allmählich entziehen. Harry und seine Freunde Ron und Hermine müssen wieder ihre ganze Kraft gegen das Böse aufbringen...

Nachdem er bei den ersten beiden Filmen Regie geführt hatte, überließ Chris Columbus beim dritten Teil aus privaten Gründen den Regiestuhl dem Spanier Alfonso Cuáron (Große Erwartungen). Dieser Schritt hat sich gelohnt, denn die Adaption des dritten Harry-Potter-Bandes präsentiert sich als reifere Verfilmung, die sich nicht wie die ersten beiden Teile sklavisch an die Buchvorlage klammert, sondern in weniger Zeit das wesentliche der Geschichte rüberbringt. Außerdem wird hier kein übertriebendes Effekte-Bombardement wie in den Vorgängern auf den Zuschauer losgelassen, sondern die Magie der Zaubererwelt sparsam und zweckmäßig eingesetzt. Der Film wirkt wie seine Hauptfigur erwachsener und reifer sowie etwas düsterer im Vergleich zu Teil 1 und 2. Außerdem schafft es Steven Kloves mit seinem Drehbuch den Kern des dritten Bandes herauszuarbeiten, ohne dabei die unnötigen Längen des Buches wiederzugeben. Natürlich verfügt auch dieser Film über eine erstklassige Besetzung, bei der sich britische Schauspielgrößen die Klinke in die Hand geben. Michael Gambon sieht seinem verstorbenen Vorgänger in der Rolle des Dumbledore, Richard Harris, so ähnlich, dass man fast keinen Unterschied erkennt. Als Gaststars sind diesmal Gary Oldman als verwahrloster Sirius Black, Julie Christie als Madame Rosmerta und Emma Thompson als überdrehte Wahrsagerei-Lehrerin Sybill Trelawney zu sehen. Trotz der „Reife“ des Films und der Freigabe ab 12 gibt es immer noch Elemente des Kinderfilms, die einem erwachsenen Zuschauer doch sehr nervig vorkommen wie hier die Charaktere Ron Weasley (Rupert Grint) und Draco Malfoy (Tom Felton), die zu klischeehaft und flach gestaltet sind. Wer mit Fantasy und Kinderfilmen generell wenig anfangen kann, wird auch hier nicht auf seine Kosten kommen.

Fazit: Gut zwei Stunden zauberhafte Kinounterhaltung für Buchkenner und auch jene, die mit den Romanen nicht vertraut sind. Eine hoffnungsvolle Steigerung im Vergleich zu den ersten beiden Teilen. 7/10.

Marius Joa, 22.06.2004

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